Alain Bieber: „Die Affen-Selfies sind superlustig“

Alain Bieber will mit seinen Ausstellungen vor allem den Besuchern viel Spaß machen.

Alain Bieber: „Die Affen-Selfies sind superlustig“
Foto: David Young

Düsseldorf. Ab April ist Alain Bieber, Jg. 1978, Leiter des NRW-Forums. Der Sohn einer Französin und eines Deutschen ist gleichsam seit seiner Geburt vernetzt. Digitale Trends, internationale Partnerschaften und ein Museum ohne Langeweile will er am Ehrenhof schaffen. Angefangen hat er it Kissenschlachten und einem Streetartmusical. Ein Gespräch.

WZ: Herr Bieber, Sie haben sich 2006 bei Spencer Tunick im Ehrenhof nackt eingebracht. Sie lieben Events?

Alain Bieber: Ja, ich war 28 Jahre alt und im Volontariat bei der Zeitschrift Max in Hamburg und habe über die Aktion eine Reportage geschrieben. Ich erinnere mich noch sehr genau daran, weil es extrem kalt war. Aber man kam sofort ins Gespräch mit den Leuten. Das einzige Problem war, dass ich, so nackt wie ich war, keinen Block und keinen Stift hatte.

Die Aktion lief über das Museum Kunstpalast. Werden sie zusammenarbeiten?

Bieber: Kooperationen sind superwichtig. Ich habe schon die Anfrage der Tonhalle, ob man zum New Fall Festival, das u.a. in der Tonhalle stattfindet, etwas zusammenmachen kann.

Bei Ihrem Auftritt im Internet lieben Sie Vokabeln wie Rebel Art, Culture Jamming, Adbusting, Hacktivisten und Net Aktivisten. Wollen Sie die Guerilla-Bewegung nach Düsseldorf bringen?

Bieber: Das sind Themen meiner Biografie, meiner Vorgeschichte.

Die Sie auf Ihrer Webseite nicht löschen. Wollen Sie sich bei der Jugend einschmeicheln?

Bieber: Gerade die Grünen und die SPD fordern, mehr die freie Szene zu beteiligen. Ich komme ja eher von der freien Szene, aber kenne mich durch meine Arbeiten bei Art und Arte auch im Kunstestablishment sehr gut aus. Man kann diese Welten verbinden. Ich war nie ein großer Freund von L’art pour L’art. Kunst muss eine Botschaft haben.

Sie starteten als illegaler Kurator. Was haben Sie da gemacht? Und wie sehen Sie sich jetzt als Kurator?

Bieber: Es ist ja relativ schwer, die jungen Menschen in die Museen zu holen. Ich gehe einfach dahin, wo die Leute sind. Ich habe eine Indoor-Aktion mit Künstlern im Hamburger Max Bahr-Baumarkt gemacht. Aus dem Material vor Ort wurden Skulpturen. Die Aktion war nicht angemeldet.

Gab es legale Ausstellungen?

Bieber: Natürlich, u.a. am Haus für Elektronische Künste in Basel habe ich eine spielbare Gruppenausstellung mit Arcade-Maschinen organisiert.

Was sagen Sie zur hiesigen Medienkunstszene?

Bieber: In diesem Bereich passiert in Düsseldorf sehr wenig. Da kann ich viel einbringen.

Bei Ihrem Streetartmusical in Hamburg gab es Ärger. Was war da los?

Bieber: Der Künstler Bronco hatte einen Text, den ich mit richtigen Musical-Darstellern in Hamburg aufgeführt habe. Wir hatten falsche Polizisten zum Mitspielen. Das sorgte etwas für Verwirrung auf der Straße. Solche Fun-Projekte realisierte ich in meiner Freizeit.

Sie sprechen gern von der Spaßkultur. Was wollen Sie?

Bieber: Das Leben muss Spaß machen. Ich möchte Spaß haben und Spaß bringen. Kunst und Kultur kommen oft zu elitär, für viele abstoßend daher, weil die Intellektuellen zu verkopft sind. Ich meine, die Verpackung kann poppig sein, aber der Inhalt kann sehr anspruchsvoll sein.

Für jeden etwas? Wie wollen Sie das machen?

Bieber: Wir haben „Selfie“ als leicht klingendes Oberthema für meine Ausstellung am 19. September. Das Thema lockt an. Aber dahinter stecken andere Themen, zur Selbstinszenierung im Netz, zur digitalen Identität.

Etwas konkreter?

Bieber: Es gibt lustige Fälle. Da hatte sich etwa ein Affe die Kamera eines Tierfotografen geschnappt und sich selbst fotografiert. Das war ein richtiges Affen-Selfie, superlustig. Aber es gibt auch spannende Fragen zum Urheberrecht. Gehört das Bild nun dem Affen? Es gibt bekannte Künstler wie Richard Prince, der von Instagram Selfie-Bilder genommen und auf Leinwand gedruckt hat. Das New Yorker Kollektiv DIS hat mit dem Projekt #artselfie Selfies vor Kunst dokumentiert.

Gibt es Handy-Aktionen?

Bieber: Partizipation auf jeden Fall.

Eine neue Netzkultur?

Bieber: Wenn Sie die Webseite meinen, so werde ich den realen Raum mit dem virtuellen Raum verschmelzen.

Brauchen Sie noch Kataloge?

Bieber: Ich liebe Bücher. Das eine schließt das andere nicht aus. Man muss die Besonderheiten eines Mediums genau nutzen.

Sie planen einen Fan-Club?

Bieber: Ich baue ihn sofort auf, mit einem Pre-Opening, exklusiven Führungen. Die Mitglieder können sich selbst einbringen, etwa einen Kunstpreis ausloben oder selbst eine Ausstellung kuratieren.

Sie haben Ihren Ex-Konkurrenten Ralph Goertz angerufen und ihm die Zusammenarbeit angeboten. Woran denken Sie?

Bieber: Ich stelle mir vor, dass er auch Ausstellungen kuratiert, dass wir etwas gemeinsam machen oder dass er Filme macht. Wir werden eine Menge Sachen finden, wo wir gemeinsam Spaß haben können. Das gilt auch für die Kollegin Renate Buschmann vom Intermedia-Art-Institut Imai im Haus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort