Stadtentwicklung Seidenweberhaus ist kein Denkmal

Das Amt für Denkmalpflege im Rheinland wird keinen Antrag auf Schutz stellen.

 Erst beim Blick durch das Teleobjektiv vom Bleichpfad-Hochhaus wird die architektonische Form des Seidenweberhauses in Gänze erkennbar.

Erst beim Blick durch das Teleobjektiv vom Bleichpfad-Hochhaus wird die architektonische Form des Seidenweberhauses in Gänze erkennbar.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Das Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) ist zu dem Schluss gekommen, dass das im Jahr 1976 errichtete Seidenweberhaus kein Denkmal ist. Damit wäre ein Abriss des Veranstaltungshauses zumindest möglich.

Die einen sprechen beim Seidenweberhaus von einem „hässlichen Betonklotz“, andere von einem „schönen Zeitzeugen“. Die Beton-Architektur der Veranstaltungshalle galt zum Zeitpunkt ihres Baues im Jahr 1972 als modern und richtungsweisend. Ist sie das tatsächlich? In den Augen des Amts für Denkmalpflege im Rheinland hat das Gebäude keinen Denkmalwert. Das teilte das Amt am Freitag mit.

Das Gebäude sei zweifellos ein „Monument der kommunalen Politik“ . Das Seidenweberhaus sei "ein in sich stimmiger, mit seiner Wabenstruktur charakteristischer Entwurf der 1970er Jahre, der allerdings in Teilen verändert wurde“, sagt Sven Kuhrau vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege. Im Innern wurden Teppich und Bestuhlung verändert, außen „eine in dieser Form störende Sicherheitstreppe“ angebaut. „Ungeachtet dessen stellt das Seidenweberhaus im Stadtzentrum Krefelds zweifellos die bedeutendste Intervention der 1970er Jahre dar“, urteilt Kuhrau.

Städtebauliche, architekturhistorische sowie künstlerische Bedenken spielten eine entscheidende Rolle, das Gebäude trotzdem nicht als denkmalwürdig zu bewerten.

In den 70er Jahren seien vielfach Gebäude in Wabenform in freien Parkanlagen oder am Rand historischer Stadtkerne entstanden. Auch in Krefeld sei das so geplant gewesen, insofern man ursprünglich für den Sprödentalplatz geplant habe. „Letztlich wurden die in diesem Wettbewerb gefundenen Entwurfsideen später für den innerstädtischen Theaterplatz adaptiert“, erläutert Kuhrau.

Die freie, skulpturale Gestaltung des Gebäudes sei — dem Standort geschuldet — dann zur Straße hin blockartig abgeschlossen worden. „Es handelt sich bei dem Seidenweberhaus also weniger um eine von Anfang an dezidiert gegen den rigiden historischen Stadtgrundriss gesetzte Entwurfshaltung, vielmehr wurde ein für einen weitläufigeren Ort entwickelter Typus einfach umgearbeitet.“

Architektonisch reiche das Krefelder Gebäude nicht an das Forum in Leverkusen, das bereits seit 2009 unter Denkmalschutz stehe.

Das Fazit der Brauweiler Experten: "Aus den genannten Gründen wird das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland keinen Antrag auf Eintragung des Seidenweberhauses in die Denkmalliste der Stadt Krefeld stellen.“

Zur Frage „Abriss oder Sanierung“, die die Krefelder Kommunalpolitiker seit langem kontrovers diskutieren, bezieht das Amt indirekt Stellung: „Unabhängig von der Frage der Denkmalwürdigkeit ist diesem charakteristischen Zeugnis der Architektur der 1970er Jahre ein respektvoller Umgang zu wünschen.“

Damit sind die Grundlagen der Entscheidung klar. Planungsdezernent Martin Linne hatte im November 2014 darauf verwiesen, dass der Betrieb aus Sicht der Verwaltung maximal noch vier Jahre aufrecht erhalten werden könne. „Über das Jahr 2019 hinaus ist die Nutzung des Seidenweberhauses ohne durchgreifende Sanierungsmaßnahmen nicht realisierbar.“

Zwei Varianten werden diskutiert: Einerseits eine Generalsanierung einschließlich zahlreicher Umbauten inklusive Neugestaltung des Eingangsbereiches und der Außenfassade für geschätzt rund 34,25 Millionen Euro. Andererseits der Abriss und Neubau des Seidenweberhauses ab geschätzt 45 Millionen Euro.

Die Verwaltung will zum Herbst dieses Jahres eine Vorlage mit beiden Varianten erarbeiten, die als Entscheidungsgrundlage für die Politik dienen soll.

1976 steht das Seidenweberhaus im Mittelpunkt der WZ-Berichterstattung. „Ob schön oder nicht, darüber sind die Meinungen geteilt“, ist da schon klar. Nach 24 Jahren Stadthallendiskussion habe OB Hansheinz Hauser Jahre zuvor „wie ein Zauberer das Kaninchen aus dem Hut drei roh gezeichnete Pläne“ vor dem Hauptausschuss aus der Tasche geholt: „Das Projekt Theaterplatz war auf dem Tisch.“

„Die Komposition aus sechseckigen Gebäudeteilen weckt zunächst Verwirrung, es fehlt ein unverwechselbarer Anhaltspunkt: das repräsentative Hauptportal“, ist der erste Eindruck von dem 25 Millionen teuren Bau, den die Stadt aus „eigener Finanzkraft stemmte“. Im Inneren wandele sich die Skepsis jedoch in „Bürgerstolz“ angesichts der Foyers und Säle. Bei der Geburtstagsparty sollen 3000 Bürger gefeiert haben.

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