Analyse Silvester in Köln: "Das war eine Machtprobe"

Köln/Berlin. „Die haben versucht, den deutschen Staat anzutanzen.“ Für den CDU-Innenpolitiker und ehemaligen Bundespolizisten Armin Schuster steht fest: „Dass sich in der Silvesternacht erneut so viele Menschen derselben Herkunft wie im Vorjahr nach Köln aufgemacht haben, das war eine Machtprobe.“ Darauf habe die Kölner Polizei absolut angemessen reagiert, und zwar „robust und konsequent“.

Analyse: Silvester in Köln: "Das war eine Machtprobe"
Foto: dpa

Dass die Polizei trotz ihres Großaufgebots in der Nacht zum Sonntag noch Verstärkung anfordern musste, überraschte die Verantwortlichen in Köln völlig. Erneut stiegen in kurzer Zeit mehr als 1000 junge, teilweise aggressive Männer aus den Zügen, die der Szene der aus Nordafrika stammenden Intensivtäter zugerechnet werden. In Essen zählte die Polizei eine 450 Köpfe große Gruppe von Nordafrikanern, nach Düsseldorf waren rund 800 aus der Problemgruppe gekommen.

Bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen ist diese Szene unter der internen Bezeichnung „Nafri“ bekannt. Ihr werden Kriminelle zugerechnet, die immer wieder wegen der gleichen Delikte auffallen: vor allem Diebstahl und Straßenraub. Eine Masche der Trickdiebe ist das sogenannte „Antanzen“ oder „Abklatschen“, mit dem Ziel, dem Opfer leichter in die Tasche greifen zu können.

Es ist die gleiche Szene, die in der vorangegangenen Silvesternacht in Köln nicht nur Feiernde beklaut, sondern auch Frauen eingekesselt und sexuell belästigt hatte. Drei Wochen vor Silvester hatten die Behörden noch ein deutliches Zeichen gesetzt. Toufik M., verurteilter Silvester-Grabscher und Gewalttäter aus Marokko, wurde abgeschoben. Er hatte sich im Fernsehen präsentiert und war von einem Opfer der Silvesternacht wiedererkannt worden.

Was das vergangene Wochenende vor Augen geführt hat: Die Exzesse vom Vorjahr konnten zwar verhindert werden, doch das Phänomen ist nicht verschwunden. Tausende junge Nordafrikaner zwischen 15 und 25 Jahren sind in den vergangenen Jahren aus den Armenvierteln ihrer Heimatländer nach Deutschland gelangt. Viele von ihnen kamen mit den Massen von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien über die sogenannte Balkanroute.

Weniger als zwei Prozent der Antragsteller aus dem Maghreb werden als Asylberechtigte anerkannt. Sie kommen fast immer alleine, damit fehlt der am Herkunftsort oft sehr starke Einfluss der Familie, die darauf achtet, dass ihr Ruf nicht leidet.

Nicht nur im Düsseldorfer Maghreb-Viertel zeigen sich auch Menschen aus Algerien, Marokko und Tunesien, die seit vielen Jahren gut integriert in Deutschland leben, über das Verhalten der Neuankömmlinge empört.

„Dass diese Jugendlichen so etwas machen, das finden wir auch nicht gut“, erklärt der Vorsitzende des Zentralrats der Marokkaner in Deutschland, Ahmed Hammouti. Auch unbescholtene Migranten aus Nordafrika spürten seit der Silvesternacht 2015 eine wachsende Ablehnung. Die Migrantenvereine hätten aber keinen Einfluss auf diese jugendlichen Intensivtäter, „weil die praktisch gar nicht in unsere Gemeinden kommen“.

Dass junge Maghrebiner, aber auch Georgier, als Tatverdächtige sehr viel häufiger auffallen als andere Zuwanderer, hat das Bundeskriminalamt in seiner jüngsten Statistik noch einmal bekräftigt.

Bei Intensivtätern aus Nordafrika beobachte die Polizei oftmals, „dass diese Menschen unsere Rechtsordnung nicht anerkennen“, berichtet der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow. Polizisten würden von den Verdächtigen ironisch „angelächelt oder sogar bespuckt“, sagt Malchow.

Weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nordrhein-Westfalen über besonders viele Arabisch-Dolmetscher verfügte, die nordafrikanische Dialekte beherrschen, wurden dorthin in der Vergangenheit besonders viele Zuwanderer aus dieser Gruppe geschickt. Inzwischen pocht NRW auf eine gleichmäßigen Verteilung auf alle Bundesländer.

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