Düsseldorf Der Wächter des Rheinturms

Boris Krcar kennt alle verborgenen Schächte und Räume des Bauwerks. Als Haustechniker ist er Mädchen für alles.

Düsseldorf. Boris Krcar klettert gern in schwindelerregender Höhe, genauso gern repariert er eine Kaffeemaschine, kümmert sich um eine Parkschranke oder fährt Besucher im Aufzug von oben nach unten. Kein Tag ist bei ihm wie der andere. Als Haustechniker sorgt er seit 35 Jahren dafür, dass im Rheinturm alles klappt. Keiner kennt den Turm wie er: Er war schon dabei, als das Fundament gelegt wurde — und wuchs mit dem Entstehen des Bauwerks in seine Aufgaben hinein.

Düsseldorf: Der Wächter des Rheinturms
Foto: Nanninga

Er arbeitete bereits bei der Stadt — die ihn für den Rheinturm haben wollte. „Erst dachte ich, dann mach ich das mal ein Jahr und schau danach weiter — aber dann wurde es mein Traumjob und ist es bis heute“, sagt er.

Vor allem den Winter liebt er, wenn sein Tag mit dem Blick auf den Sonnenaufgang hoch über der Stadt beginnt — und genauso schön mit dem Untergang wieder endet. Vor allem in den ersten Jahren fand er das sehr spannend. „Ich konnte zusehen, wie das Hafenviertel sich verändert hat, wie der Landtag, das Stadttor, das WDR-Gebäude, die heutigen Kasematten entstanden sind. Das war toll!“ Für ihn ist das der schönste Arbeitsplatz — vor allem, wenn unten alles Grau in Grau ist und oben die Sonne scheint.

Genießen kann er die Aussicht immer für ein paar Augenblicke, wenn er beispielsweise gerade in der Küche zu tun hat, eine Spülmaschine repariert — oder hoch oben eine Lampe austauscht. Meist bewegt er sich in den verborgenen Gängen, Schächten und Räumen im Herzen des Turms, bei künstlichem Licht.

Krcar ist der Herr über 20 Technik- und Kontrollräume in verschiedener Höhe, achtet darauf, dass Strom und Heizung funktionieren, dass alle Leuchten blinken, macht seine Kontrollgänge von 0 auf 157 Meter.

Besonders wichtig seien die Flugleuchten für die Flugzeuge an der Spitze des Turms und die Notbeleuchtung im Treppenhaus — aber auch die Lampen für die Digitaluhr außen. „Fast täglich muss ich irgendwo eine auswechseln“, sagt Krcar. Dann heißt es manchmal rauf auf die Leiter. Höhenangst darf man in seinem Job nicht haben.

Die Leiter steckt, auf drei Abschnitte verteilt, in einem Schacht innen im Turm. Wie beim Klettern in den Bergen sichert der Techniker sich mit Seilen, ein Kollege einer externen Firma hilft ihm und hat ein Auge darauf, dass nichts passiert. Oder der Kollege muss hoch. Bis zu 50 Meter und ungezählte Sprossen sind zu bewältigen — wie viele, weiß Krcar nicht genau. Die Stufen im Treppenhaus hat er allerdings gezählt: Es sind 980.

Diese läuft er regelmäßig, aber nur, um das Licht zu kontrollieren. Ansonsten fährt er mit seinem eigenen Aufzug von Raum zu Raum, von Höhe zu Höhe. Besonders stolz ist er darauf, dass es in den 35 Jahren noch nie einen Notfall gab — und Besucher die Treppe bislang nur von technischen Führungen kennen, die es früher einmal gab.

„Es ist aber schon mal passiert, dass einer der beiden Aufzüge für Gäste stecken geblieben ist — aber dann wechseln die Besucher über Zwischentüren in den benachbarten Aufzug rüber. Das geht über einen Spalt von gerade einmal 10 Zentimetern, das kriegt keiner mit. Oder die Störung lässt sich so schnell beheben, dass es sofort weitergeht.“

Ab und zu fährt der Haustechniker auch selbst im Besucheraufzug. Zum Beispiel wenn es bei seinen Mitarbeitern, die diese Aufgabe sonst täglich erledigen, einen Engpass gibt. Prominente Gäste hat er in dieser Funktion schon begleitet, Hans-Dietrich Genscher und Johannes Rau die Hand geschüttelt.

Aber das ist für ihn gar nicht das Wichtigste. Er liebt an seiner Arbeit die Abwechslung — und bleibt gerne noch ein Jahr länger dabei. Krcar ist bereits 65 und freut sich darauf, einen Nachfolger intensiv einzuarbeiten. „Danach, wenn ich in Rente bin, werde ich auf jeden Fall wiederkommen — ganz privat, zum Genießen.“

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