„Laune der Natur“ Neues Album der Toten Hosen: Nostalgie und Heimatliebe

Sie sind unkaputtbar und sich treu geblieben. Die Songs feiern das Leben, sind aber auch wehmütig.

„Laune der Natur“: Neues Album der Toten Hosen: Nostalgie und Heimatliebe
Foto: Paul Ripke

Düsseldorf. Der Titel passt wie Pott auf Deckel: „Laune der Natur“ haben Die Toten Hosen ihr neues Album genannt, das am kommenden Freitag, 5. Mai, veröffentlicht wird. Es ist im 35. Jahr des Bandbestehens das 13. Studioalbum und der 27. Tonträger insgesamt. Das bedeutet wiederum: Diese Düsseldorfer sind unkaputtbar. Sie haben erfolgreich allen Launen der Popbusiness-Natur getrotzt. Und doch strotzt gerade dieses „Schaut mal: Uns gibt’s immer noch!“-Album nicht nur vor Euphorie, sondern enthält auch einige der wehmütigsten und bittersüßesten Momente der gesamten Hosen-Karriere.

„Laune der Natur“ ist ein Rückblick auf die eigene Existenz, die damals, als die heiße Punk-Ursuppe rund um den „Ratinger Hof“ brodelte, begann und deren Protagonisten alt geworden — oder bereits tot — sind. Natürlich wird auf diesem Album das Leben abgefeiert, etwa im Titelsong, in dem es heißt: „Ein Fußabdruck von uns hält für die Ewigkeit. Wir reißen Wände ein, jetzt ist die Gelegenheit.“

Oder in „Energie“. Oder in „Wie viele Jahre (Hasta la muerte)“. Es geht um Liebe. Und es wird gegen die Typen geätzt, die diese Band wegen ihres Engagements für die gute Sache ständig als „Gutmenschen“ abtun („Pop & Politik“). Aber: Im Zentrum stehen eben Nostalgie und Heimatliebe („Alles mit nach Hause“, „ICE nach Düsseldorf“).

Und jene Songs, in denen zwei menschliche Fixpunkte des Hosen-Kosmos, die in den vergangenen beiden Jahren gestorben sind, besungen werden: Jochen Hülder, der ehemalige Manager der Band, der diesen Haufen von Anarchos erst erfolgreich auf Kurs brachte. Und Wolfgang „Wölli“ Rohde, der Schlagzeuger, der den Weg von der Krawall-Combo zum Stadion-Act mitmachte und prägte. Ihnen sind die beiden Songs „Eine Handvoll Erde“ und „Kein Grund zur Traurigkeit“ gewidmet. In letzterem singt Wölli sogar mit — schließlich war das Stück Bestandteil seines 2011 veröffentlichten Soloalbums „Das ist noch nicht alles“, das er ein knappes Jahrzehnt nach seinem Ausstieg bei den Toten Hosen eingespielt hatte.

Und Fakt ist: Durch diese doppelte Hommage wird das gesamte Album, wird diese „Laune der Natur“, erst so richtig geerdet und fest im Heimatkosmos der Band verankert. Über „Kein Grund zur Traurigkeit“ sagt Campino: „Die ganze Band empfand es als schöne Idee, dieses Stück noch mal neu einzuspielen. Ohne uns dabei wichtig zu machen. Wir haben die Musik fast wie im Original gelassen und Wöllis Gesangsspuren darauf übertragen. Vielleicht finden manche es seltsam, dass da am Ende des Albums plötzlich eine andere Stimme auftaucht. Aber, ganz ehrlich: Das ist uns herzlich egal. Und wenn ich jetzt an die Aufnahmen zurückdenke: Diesen Song gemeinsam zu hören und die Harmonie darauf zu singen — das war trotz der Trauer ein sehr schöner Moment. Ich hoffe, dass Wölli daran Spaß gefunden hätte.“

Diese Zeile am Ende, „…lange noch kein Grund zur Traurigkeit“, sei schließlich ein versöhnlicher Abschluss. „Das hätte ich nicht besser auf den Punkt bringen können.“ Ein wenig schwieriger sei es mit dem für Jochen Hülder aufgenommenen „Eine Handvoll Erde“ gewesen. Denn auch wenn das Album im ersten Song „Urknall“ gleich mit dem Satz „Unser Manager ist tot“ beginne, habe gerade das Stück für den Freund und Spiritus Rector, das zunächst als letztes Lied eingeplant war, eine Beklemmung am Ende der Platte hinterlassen. „Die wollten wir unbedingt lösen“, sagt Campino. „Deshalb rückte der Song weiter nach vorne. Und gleich nach ihm gibt es jetzt das leichte Stück „Wie viele Jahre (Hasta La Muerte)“. Damit man aus der Trauer wieder rauskommt.“

Bei Wöllis Lied hingegen sei es eben anders. „Es ist zwar traurig, aber am Ende eben auch schön. Damit kann man den Hörer entlassen.“ Letztlich scheint es so, dass mit dem wunderschönen Gedenken an die alten Freunde ein großes, wichtiges Kapitel im Band-Buch beendet wird — freilich eines, in das man ein Lesezeichen legt, um es jederzeit sofort wiederfinden zu können.

Und dass Die Toten Hosen jetzt, wo sie auch am eigenen, 35 Jahre alten Band-Leib erfahren mussten, dass der Punk noch nicht einmal in der alten Hochburg Düsseldorf ewig dauert, so befreit aufspielen können, wie selten zuvor. „Laune der Natur“ klingt nach Musikern, die mit sich und der Welt — auch wenn die manchmal noch so verrückt und böse ist — absolut im Reinen sind. Mehr kann man nicht verlangen.

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