Olympischen Spiele „Rhein Ruhr Olympic City“: Die Chancen auf Olympia 2032

2024 und 2028 werden aller Voraussicht nach Paris und Los Angeles Gastgeber Olympischer Sommerspiele. 2032 will die „Rhein Ruhr Olympic City“ zum Zug kommen. Es wird ein Marathon.

Olympischen Spiele: „Rhein Ruhr Olympic City“: Die Chancen auf Olympia 2032
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Düsseldorf. Als der Kabarettist Dieter Nuhr vor 18 Monaten von uns gefragt wurde, ob Olympische Spiele in Deutschland überhaupt noch möglich seien, sagte er: „Das wird erst wieder passieren, wenn auch wir wieder einen Diktator haben. Das IOC schwärmt ja noch heute von 1936. Vielleicht findet aber auch jemand Erdöl im Erzgebirge. Dann kriegen wir einen eigenen Öl-Mogul, der das Volk mit Brot und Spielen beschenkt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

18 Monate später ist Michael Mronz am Freitag in Los Angeles unterwegs. Am Nachmittag trifft er die Organisatoren der Olympischen Spiele, die nun aller Voraussicht nach 2024 oder 2028 in Los Angeles stattfinden sollen. Es sei dort eine bemerkenswerte Bewerbung, sagt Mronz. Er wolle lernen, immer ein bisschen mehr, Ideen sammeln. Die Spiele in Los Angeles, so der dort offenbar als realistisch eingeschätzte Plan, sollen komplett privatwirtschaftlich finanziert werden — was freilich nicht übertragbar ist auf Deutschland.

Trotzdem arbeitet Mronz dafür, dass Nuhrs Mutmaßung von einst ein schlechter Scherz bleibt. Dass es Olympia in Deutschland ganz ohne Diktator und Öl-Mogul geben wird. Aus der Idee des Kölner Sport- und Eventmanagers, Nordrhein-Westfalen für die Idee von Olympischen Spielen zu begeistern, ist längst das Vorhaben geworden, mittelfristig den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und danach das Internationale Olympische Komitee (IOC) für NRW zu begeistern — und damit Olympia an Rhein und Ruhr zu holen.

Das Vorhaben hat den vergangenen Sommer überlebt, als eilfertig Landespolitiker, die alsbald die Regierung bilden, auf den Olympia-Zug aufgesprungen waren. Man hatte seinerzeit den Eindruck zuerst, um der schwächelnden rot-grünen Regierung nachzuweisen, dass ihr nun sämtliche Visionen verloren gegangen waren. Seit Freitag nun lässt sich das Dahingesagte im Koalitionsvertrag finden: „Wir begrüßen und unterstützen die Initiative für eine Bewerbung der „Rhein Ruhr Olympic City“ für die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2028 oder 2032“ heißt es da guten Willens, aber auch noch nicht sonderlich verbindlich. Und es folgt darauf ein kleiner Einblick, wie Mronz, der Ehemann des im März 2016 verstorbenen FDP-Politikers Guido Westerwelle war, die Sache angeht: Langfristig und vielschichtig. Mit der „Energie eines Marathonläufers“, wie er sagt. „Mal ist man vorne, dann lässt man sich auch mal zurückfallen, aber am Ende muss man den längsten Atem haben.“

Olympia soll ein Olympia der Region werden, und eben nicht nur einer Stadt. Ein neuer Ansatz, auch ein anderer als jener von Hamburg, der 2016 durch einen Volksentscheid pulverisierte. In NRW geht es um mehr als um drei Wochen Spaß im Westen. Es soll um die Themen vernetzte Mobilität, Infrastruktur und Digitalisierung gehen. Um neue Wege und Straßen, um Arbeitsplätze. Olympia als Katalysator einer schwächelnden Region. Und es geht darum, wie all das, was NRW thematisch in der nächsten Dekade ohnehin bewegen wird, mit dem Sport nach vorne gebracht werden kann. 80 Prozent der Sportstätten stehen. Das Geld wird anders genutzt. Mronz’ Taktik ist geschickt: Er zeigt auf, wie man Menschen über den Sport hinaus für die Idee gewinnen kann. Mit Angeboten. Sport allein ist für diese Vision zu klein. Das braucht eine Bewerbung. In Hamburg hatten sie einen herausragenden Plan, aber was die Bevölkerung vom Großprojekt Olympia in der Hansestadt ganz konkret hat, das wurde dann doch nicht ausreichend vermittelt.

Mronz marschiert jetzt vorne und sagt: „Jetzt haben wir die Chance, den Dingen nicht hinterherzulaufen, sondern vorbereitet zu sein.“ Wenn einer sagt, für Mronz’ Idee gebe es doch gar keinen Markt, lächelt der 50 Jahre alte eloquente Eventmanager mit den guten Manieren nur. „Wer nicht an den Start geht“, sagt er, „kann nicht gewinnen.“ Mronz denkt groß. Das hat er immer schon gemacht. Das hier jetzt ist sein größtes Projekt. Die Kosten für Olympia an Rhein und Ruhr sollen bei weit unter zehn Milliarden Euro liegen.

Große Unternehmen hat er bereits auf seiner Seite: die Deutsche Post, Evonik, die RAG-Stiftung. Am 4. Juli soll den Wirtschaftspartnern der Bewegung „aus der Mitte der Gesellschaft“ Weg und Kommunikationsstrategie präsentiert werden, Ende Juli stellt Mronz seinen Planungsstand der Öffentlichkeit vor. Dann soll, sagt er, die neue Regierung mit dabei sein.

Das ist eine Seite. Und es gibt noch eine andere.

Auf der stehen DOSB und IOC. Den DOSB hat die Schockstarre nie verlassen, seit Hamburgs Bevölkerung von Olympia nichts wissen wollte. „Es gibt jetzt nichts zu entscheiden“ — das ist die Sprachregelung des DOSB unter Führung von Präsident Alfons Hörmann und dem im Dezember scheidenden Vorstand Michael Vesper. Man will sich raushalten. Entwicklungen allenfalls aufnehmen, aber nicht mehr initiieren. Machen lassen, nicht machen. Vielleicht eben auch Michael Mronz machen lassen.

Es ist vermutlich noch mehr Zeit gewonnen. Statt 2028 dürfte NRW frühestens 2032 zum Zuge kommen können. Der Plan des IOC hat sich geändert, seit man mit Paris und Los Angeles zwei große, westliche Bewerber hat, wo doch Sommerspiele nur noch mithilfe von Despoten oder Mogulen zu bekommen waren.

Die Sommerspiele 2024 und 2028 sollen jetzt gleichzeitig an Paris und Los Angeles vergeben werden. Die 95 Mitglieder des IOC entscheiden am 11. und 12. Juli darüber, die Zustimmung gilt als Formsache. Wer dann wann — das entscheidet das IOC formal am 13. September in Lima. Man geht von einer Einigung zwischen den Städten aus. „Es sind zwei großartige Weltstädte, deren Bewerbungen auch noch getragen werden von unserer olympischen Agenda 2020, die für nachhaltigere und kostengünstigere Spiele steht“, hat IOC-Präsident Thomas Bach gesagt.

Die Zeiten, in denen unzählige Bewerberstädte horrende Kosten in vergebliche Bewerbungen investiert haben, sollen vorbei sein. Gegenüber unserer Zeitung machte Christian Klaue, Bachs Kommunikationschef für Europa, deutlich, dass der Weg hin zu weniger Bewerbern gehe. Zu früh seien zu hohe Kosten auf die Bewerber zugekommen. Was kann das heißen für eine potenzielle NRW-Bewerbung?

Stand jetzt müsste sich „Rhein Ruhr Olympic City“ für ein potenzielles Olympia 2032 bis 2023 beworben haben. 2025 würde Olympia 2032 — auf dem Stand der aktuellen Modalitäten — vergeben werden. Bis 2021 müsste man mit dem DOSB auf eine fixe Vereinbarung kommen. „Man sieht, dass das Ereignis zwar in weiter Ferne zu liegen scheint — aber viel Zeit haben wir gar nicht mehr“, sagt Mronz am Freitag in Los Angeles.

Dass der deutsche IOC-Chef Thomas Bach heißt, kann, muss aber nichts heißen für diese Bewerbung. Zwar bekannte der ehemalige Florett-Fechter zuletzt in Interviews eine Sympathie für eine Rhein-Ruhr-Bewerbung, mehr aber auch nicht. Bach wünsche sich Spiele in Afrika und auch wieder in Deutschland, hieß es. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Rechtsanwalt ist seiner Heimatnation längst entwachsen, sein Ruhm gründet sich auf ein internationales Beziehungsgeflecht. Und: 2013 wurde Bach in Buenos Aires gewählt, bis 2021 reicht die Amtszeit. Die Wiederwahl für eine zweite Amtsperiode ist für vier Jahre möglich, eine dritte Amtszeit nicht vorgesehen. 2025 wäre also die letzte mögliche Sommerspiele-Vergabe des deutschen IOC-Präsidenten. Ob Bach sich dann für die Rhein-Ruhr-Region entscheidet? Es wird ein spannendes Rennen. Oder besser: ein wahnsinniger Marathon.

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