Wuppertal So funktionierte das Geschäft mit den Kfz-Zulassungen

Das Rechnungsprüfungsamt will in seinem Gutachten die Wirtschaftlichkeit der Vereinbarung mit ASS weder bestätigen noch ausschließen. Entscheidend sind die Personalkosten.

Symbolbild

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Wuppertal. Kritiker des Abberufungsverfahrens für den Dezernenten für Bürgerbeteiligung und Beteiligungssteuerung wollen die Öffentlichkeit immer noch glauben machen, dass Panagiotis Paschalis wegen seiner Haltung im Fall ASS gehen soll. Der erst im März 2015 gewählte Beigeordnete hatte das zumindest fragwürdige Geschäft mit den Zulassungen von Autos der Bochumer Leasing-Firma ASS in Wuppertal beendet. Mit seiner bevorstehenden Abwahl am Montag hat das vermutlich aber nichts zu tun. Schließlich liegt der Fall nach Aussagen des Beigeordneten inzwischen ohnehin bei der Wuppertaler Staatsanwaltschaft. Damit entzieht sich der Fortgang der Geschichte dem Einfluss des Rates und des Rathauses.

Für die Bewertung des Sachverhaltes lohnt sich dennoch ein Blick hinter die Kulissen des Zulassungsgeschäftes. Hat Wuppertal mit der 2004 getroffenen Vereinbarung Geld verdient, wie beispielsweise Stadtkämmerer Johannes Slawig (CDU) sagt? Oder war es ein Zuschussgeschäft, wie Kritiker meinen. Die Antwort auf diese Fragen ist nicht ganz einfach. Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) der Stadt kommt in seinem nichtöffentlichen Gutachten vom 17. Januar dieses Jahres zu dem Schluss, dass weder das eine noch das andere mit Bestimmtheit gesagt werden kann. „Eine Unwirtschaftlichkeit kann hier daher nicht festgestellt, aber auch nicht ausgeschlossen werden“, heißt es in der Expertise. Und: „Es ist nicht erkennbar, dass vor Vertragsbeginn Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit angestellt worden wären.“

Normalerweise reichen die Gebühren für die Zulassung eines Neufahrzeuges aus, um die Kosten der Stadtverwaltungen zu decken. Üblicherweise bleibt nach Abzug aller Rechnungsposten sogar noch etwas übrig. Im Fall der Zulassungen für das Bochumer Unternehmen ASS ist das nicht ganz gewiss. Denn diese Anmeldevorgänge waren mit einem Gegengeschäft verbunden. Für jedes Auto gab es für die Wuppertal Marketing GmbH (WMG) 10,35 Euro von der Stadt. Die WMG leitete das Geld gewissermaßen an ASS weiter und erhielt ihrerseits dafür Wuppertal-Werbung auf den Fahrzeugen des Bochumer Leasingunternehmens. Gebühren dürfen grundsätzlich nicht rabattiert werden. Aber auf diesem Weg schaffte die Stadt bei den Bochumern den Anreiz, ihre Autos in Wuppertal zuzulassen.

Eine normale Zulassung schlägt mit 27,60 Euro zu Buche. Davon muss die Stadt 50 Cent an das Kraftfahrtbundesamt abführen. Die Personalkosten pro Anmeldung belaufen sich nach einer Untersuchung des Gemeindeprüfungsamtes auf 15,72 Euro. Sachkosten wie Antrag, Brief, Schein und Plaketten werden in dem RPA-Gutachten mit 4,61 Euro aufgelistet. Hinzu kommen in diesem speziellen Fall die 10,35 Euro für die WMG beziehungsweise ASS sowie eine sogenannte Handlinggebühr von 52 Cent pro Zulassung, die in der Kasse der WMG blieben. Summiert ergibt diese Rechnung, dass Wuppertal für jedes von ASS zugelassene Fahrzeug 3,58 Euro zugeschossen hat. Das wäre ein sehr schlechtes Geschäft gewesen.

Dass die Gutachter dennoch nicht eindeutig von „Unwirtschaftlichkeit“ sprechen wollen, liegt an den Personalkosten. Entfallen auf jeden Anmeldevorgang wirklich 15,72 Euro? Befürworter des Geschäftes mit ASS sagen: Nein. Sie gehen davon aus, dass die Personalkosten pro Fall sinken, wenn die Routine steigt. Sie sprechen von „Massenfällen, die einfach sind“ und gehen davon aus, dass in der Zeit für einen Einzelfall zwei oder drei Massenfälle bearbeitet werden können. Diese Annahme vorausgesetzt, wären bei zwei Massenfällen in der Zeit eines Durchschnittsfalles bei 8000 Anmeldungen im Jahr 34 240 Euro in der städtischen Kasse geblieben. Hätte ein Sachbearbeiter gar drei Massenfälle in der Zeit für eine normale Anmeldung bearbeiten können, wären es sogar 55 200 Euro pro Jahr gewesen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, dass für das Geschäft mit dem Bochumer Unternehmen keine neue Stelle geschaffen worden ist.

Innerhalb der Stadtverwaltung wurde die Absprache stets als günstig bewertet. So hat es im Jahr 2008 einen Versuch gegeben, eine weitere Auto-Leasingfirma in Wuppertal zu binden. Dieses Unternehmen entschied sich jedoch für eine andere Kommune.

Offen bleibt die Frage, ob Wuppertal ohne die zuletzt 7688 zusätzlichen Anmeldungen Personal hätte abbauen können. Im Schnitt kostet ein Beschäftigter das Rathaus 50 000 Euro im Jahr.

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