Wie sicher sind die Haltestellen?

Die Zahl der Unfälle mit Straßenbahnen ist stark gestiegen. Häufig werden Warnlichter einfach ignoriert.

Düsseldorf. Der tragische Unfall löste in Düsseldorf Betroffenheit aus. Der 14-jährige Schüler Youssef starb am 28. Oktober an der Haltestelle Rather Broich bei einem Straßenbahnunfall.

Es war einer von 110 Unfällen mit einer Straßenbahn in diesem Jahr. Das sind fast doppelt so viele wie im letzten Jahr um diese Zeit. Wie sicher sind Haltestellen und Überwege, was kann verbessert werden?

Die Kölner Verkehrs-Betriebe setzen seit den 90er Jahren auf so genannte Umlaufgitter. Damals hatten sich die Unfälle gehäuft. Jetzt werden die Fußgänger vor dem Überqueren der Gleise abgebremst, die Blicke auf die mögliche Gefahrenstelle gelenkt. Am Übergang warnen statt gelber wie in Düsseldorf rote Doppelleuchten vor der einfahrenden Bahn.

Sie sind häufig auch vor gefährlichen Querungsstellen angebracht. So soll die Aufmerksamkeit der Fußgänger erhöht werden. "Alles, was nicht im Sichtbereich liegt, wird nicht wahrgenommen", erklärt Joachim Berger, Sprecher der Kölner-Verkehrsbetriebe. Das System in Köln funktioniere: "Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht."

Tatsächlich werden Warnlichter schnell übersehen. "Zu viele Signale überfordern Fußgänger und Verkehrsteilnehmer. In hektischen Situationen verliert man den Überblick und konzentriert sich nur noch auf die eigene Person", erklärt Umweltpsychologe Kai Lenßen. "Das geht 100 Mal gut und einmal schief."

Georg Schumacher von der Rheinbahn glaubt nicht, dass das Kölner System Vorteile hat. Gitter lenkten zu sehr von der eigentlichen Gefahrenstelle ab. Was die Leuchten angehe, hätten Experten festgestellt, dass gelbes Licht schneller wahrgenommen werde als rotes.

Auch ein starkes Herunterbremsen vor den Haltestellen sei keine Lösung. "Wir fahren defensiv und bimmeln vor den Haltestellen. Wird die Straßenbahn noch langsamer, haben die Fußgänger irgendwann gar keinen Respekt mehr." Die Diskussion um die Sicherheit ermüdet ihn: "Natürlich trifft uns der Unfall tief. Aber die Straßenbahn ist immer noch das ungefährlichste Verkehrsmittel in der Stadt."

Auch die Düsseldorfer Polizei sieht keinen dringenden Handlungsbedarf. "Man kann an jeder Querungsstelle ein Höchstmaß an baulichen Maßnahmen umsetzen", sagt Werner Krause von der Direktion Verkehr. Eine Lösung sei das nicht. Er plädiert vor allem an die Verkehrsteilnehmer: "Es geht auch um Eigenverantwortlichkeit."

Maria Limbourg, Verkehrspädagogin an der Universität Essen-Duisburg, teilt diese Einschätzung nur bedingt: "Um Unfälle zu vermeiden, müssen Kinder frühzeitig Verkehrsregeln üben."

Das solle nicht nur in der Grundschule geschehen, sondern auch an weiterführenden Schulen. So unrecht hat sie damit wohl nicht. Wer einmal im Physikunterricht den sehr langen Bremsweg einer Straßenbahn errechnet hat, ist vorsichtiger.

Limbourg hat noch einen weiteren Tipp: "Wenn Kinder sich in der letzten Schulstunde austoben, gibt es nicht so viel Drängelei an der Haltestelle." Denn die macht Haltestellen wie die "Opladener Straße" oder den "Karolingerplatz" so gefährlich. Viel zu unübersichtlich sei die "Opladener Straße", zu schmal die Steige am "Karolingerplatz", so Lenßens Meinung. "Da muss sich etwas ändern."

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