Widersprüchliche US-Signale Trump und Putin reden miteinander statt übereinander

Hamburg (dpa) - Es ist der Gipfel auf dem Gipfel: Donald Trump und Wladimir Putin treffen sich bei der G20 in Hamburg. Dabei zeigen der US-Präsident und der russische Staatschef, dass sie das Zwanzigertreffen mit Gastgeberin Angela Merkel nicht so wichtig nehmen.

Widersprüchliche US-Signale: Trump und Putin reden miteinander statt übereinander
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Für ihre Begegnung wollten sich die mächtigen Männer am Freitagnachmittag schon nach ein paar Minuten aus der Arbeitssitzung zu Klimaschutz und Entwicklung absetzen. Zwar hält Putin am Pariser Klimaschutzabkommen fest. Aber Trump könnte die Abwesenheit Diskussionen über seinen angekündigten Ausstieg ersparen.

Das erste Eis ist schon am Morgen gebrochen: Als Trump, von Demonstranten bei der Anfahrt zu einem kleinen Umweg gezwungen, in den Hamburger Messehallen eintrifft, läuft er dem russischen Staatschef über den Weg. „Wir sehen uns gleich“, sollen sich die beiden zugeraunt haben. Fast vertraut fasst der US-Präsident seinem Kollegen aus Moskau ein paar Mal an den Arm.

Ausschreitungen beim G20-Gipfel
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Nachmittags wollten sich Putin und Trump mit Delegationen offiziell gegenübersitzen. Nach langem Versteckspiel von Kreml und Weißem Haus hat man sich auf eine echte Beratung geeinigt, nicht nur auf ein kurzes Gespräch zwischen Tür und Angel. Der Termin von Trumps anschließend geplanter Zusammenkunft mit der Britin Theresa May wurde vom Weißen Haus extra als vorläufig bezeichnet.

Aber wie werden der unberechenbare Milliardär und der taktisch geschulte Geheimagent miteinander auskommen? Zu besprechen haben die wohl mächtigsten Männer der Welt genug - das bilaterale Verhältnis gilt als so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht. Syrien, Ukraine, russische Wahleinmischung, Russlands Haltung zu nuklearen Mittelstreckenwaffen: US-Außenminister Rex Tillerson hatte schon vor Wochen von einem Tiefpunkt in den Beziehungen gesprochen. Seitdem ist es nicht besser geworden.

Die Strategen im Weißen Haus bereiten Trump seit Wochen auf das Treffen mit dem Widerpart im Kreml vor. Die Amerikaner wissen: Es ist nicht gerade ein Heimspiel für den G20-Novizen, wenn er sich mit dem ausgebufften Profi Putin an den Tisch setzt. Schon bei der ersten Sitzung des Gipfels sitzt Trump, neben Angela Merkel und Theresa May platziert, noch mit deutlichem Abstand zu Putin und spielt nervös mit den Händen. Putin lehnt sich derweil bequem zurück.

Trump begibt sich auf extrem vermintes Gebiet. Russland gilt vielen in den USA weiterhin als Intimfeind der Vereinigten Staaten. Trump, der Geschäftsmann, sieht das viel pragmatischer. Der selbsternannte Machertyp will Ergebnisse präsentieren. Zur Lösung von Konflikten etwa in Syrien und wohl auch in Nordkorea braucht er die Russen. „Ohne Annäherung von Russland und den USA werden alle diese Kriege weitergehen“, sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel etwa der „Passauer Neuen Presse“.

"Apocalypse Now" - G20-Randale in Hamburg
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Die Signale der Amerikaner vor dem Gipfel waren widersprüchlich. Zu Besuch beim östlichen Nato-Partner Polen wetterte Trump, Russland destabilisiere in Osteuropa und anderswo. Theaterdonner? Moskau wies die Vorwürfe postwendend zurück. Aber einen Schatten auf der Begegnung mochte Kremlsprecher Dmitri Peskow nicht erkennen. „Wir wollen nicht vorgreifen, das Treffen hat ja noch gar nicht stattgefunden“, sagte er in Hamburg.

Dem Kreml hat allerdings nicht gefallen, dass Trump im April Marschflugkörper auf eine syrische Luftwaffen-Basis abfeuern ließ. Jüngst schoss ein US-Jet obendrein ein syrisches Kampfflugzeug ab. Das Ergebnis: Die gegenseitigen Absprachen zur Vermeidung von Flugunfällen wurden abgebrochen; Washington dreht weiterhin an der Sanktionsschraube gegen die Russen. Wohl auch aus wirtschaftlichen Interessen.

Vor dem Gipfel deutete Tillerson aber an, dass Washington und Moskau zu Syrien ins Geschäft kommen könnten. Russland könnte dort eine führende Rolle spielen - wenn unter anderem klar sei, dass sein Schützling Baschar Al-Assad keine Giftwaffen mehr einsetzt.

Für Putin ist das Wichtigste, dass Trump Russland auf Augenhöhe behandelt. Sein Problem ist, dass er mit der mutmaßlichen russischen Einmischung in die US-Wahl mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, als er wollte. Trump, der im Wahlkampf immer für ein besseres Verhältnis zu Russland geworben hat, ist zwar Präsident. Aber die erhoffte Verbesserung lässt auf sich warten, weil immer mehr Details zu mutmaßlichen russischen Hacker-Angriffen und zu dubiosen Kontakten von Trumps Team nach Moskau bekannt werden.

So sind Putins Wunschpartner Trump die Hände weitgehend gebunden. Jede positive Hinwendung in Richtung Moskau wird in Trumps eigener republikanischer Partei mit größtem Misstrauen begleitet - und vom politischen Gegner genüsslich ausgeschlachtet.

So wurde die Lage Trumps auch in den offiziellen Informationen geschildert, die mitreisende russische Journalisten vom Kreml bekamen: Ein belagerter Präsident, der gerne mit Russland befreundet wäre, den aber der US-Senat und das politische Establishment in Washington nicht lassen.

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