Auto der Zukunft: Fahren wie von Geisterhand

Das Auto der Zukunft fährt von allein. Die WZ hat eins getestet — sogar auf der Autobahn.

Düsseldorf. Mit 100 Kilometern pro Stunde fährt der Prototyp für automatisiertes Fahren des Unternehmens ZF TRW Automotive Holdings Corp. (Thompson Ramo Wooldridge) auf der Autobahn zwischen Düsseldorf und Kaarst. Der Fahrer betätigt den Blinker, das Fahrzeug setzt zum Überholvorgang an, wechselt die Fahrbahn, beschleunigt, überholt und fährt selbstständig auf die rechte Spur zurück. Dabei dreht sich das Lenkrad wie von Geisterhand, ohne dass der Fahrer selbst daran beteiligt ist. Auf einem Display signalisieren grüne und rote Balken dem Fahrer, was das Auto schon längst weiß: Die linke Fahrbahn ist frei und der Überholvorgang kann durchgeführt werden.

Auto der Zukunft: Fahren wie von Geisterhand
Foto: S. Lepke

Der Fahrer des Wagens, Dr. Karl-Heinz Glander, ist leitender Entwickler für automatisierte Fahrtsysteme bei ZF TRW in Düsseldorf Oberkassel. Gemeinsam mit seinem Team entwickelt er die Technologie, die die Zukunft des Fahrens grundlegend verändern soll.

Was noch wie Zukunftsmusik klingt, bestimmt bei der Firma ZF TRW längst den Alltag. Während weltweit eher an futuristischen Konzeptfahrzeugen gearbeitet wird, entwickeln Glander und seine Kollegen ein System, das zukünftig in die Fahrzeuge verschiedenster Hersteller eingebaut werden kann. Dabei greifen sie auf die mechanischen und elektronischen Lenksysteme zurück, die sie bereits seit Jahrzehnten für die Autoindustrie entwickeln und produzieren.

„Nicht alle Autohersteller werden von Grund auf ihr eigenes selbstfahrendes Auto entwickeln, wie etwa Mercedes oder Tesla. Unser System soll es daher allen Herstellern ermöglichen, am Automarkt der Zukunft teilhaben zu können“, sagt Glander. Am Forschungs- und Entwicklungsstandort Düsseldorf arbeiten neben ihm mehr als 600 Mitarbeiter. Düsseldorf sei als Standort besonders attraktiv für das Unternehmen, da die umliegenden Universitäten für jede Menge Nachwuchsentwickler sorgen.

Zwar rechne man nicht vor 2020 mit fertig entwickelten Systemen, doch die Fähigkeiten des Prototyps, einem umgerüsteten Opel Insignia, sind bereits jetzt beeindruckend. Abstand halten, bremsen, dem Fahrbahnverlauf folgen und überholen, das funktioniert bereits heute in den allermeisten Fällen. Glander und sein Team bringen der Software ständig neue Funktionen bei. Heute genügt bereits ein Knopfdruck, und das Fahrzeug erkennt mittels zahlreicher Sensoren und Radare die nächste Ausfahrt, blinkt und verlässt selbstständig die Autobahn. Selbst eine kurvige Abfahrt meistert das Fahrzeug, auch wenn man als Mitfahrer dabei doch noch ein mulmiges Gefühl hat. Vor einem halben Jahr war an diese Funktion gar nicht zu denken.

„Es ist fast so, wie einem Kind beim Lernen zuzusehen“, sagt Glander. Noch kann das Auto nicht alle Gefahren gleichermaßen gut einschätzen, sodass der Fahrer immer mal wieder eingreifen muss. Diese Fehler werden dann im Anschluss an die Fahrt von Glanders Team analysiert und bei der weiteren Entwicklung der Software berücksichtigt. Auf diese Weise lernt das System ständig dazu.

Die Vision von ZF TRW ist es, Autofahren in Zukunft nicht nur sicherer, effizienter und emissionsärmer zu machen, sondern auch komfortabler. Lange Fahrten auf der Autobahn erfordern vom Fahrer nicht nur Konzentration, sie sind auch körperlich anstrengend. Wie ermüdend solche Fahrten wirklich sind, ist Glander erst aufgefallen, nachdem er das automatisierte Fahren kennenlernte: „Es ist unglaublich, wie entspannt man am Ziel ankommt, wenn man nicht die ganze Zeit die Hände am Lenkrad haben muss. Man merkt plötzlich, wie belastend das für die Schulter- und Rückenmuskulatur tatsächlich ist.“

Obgleich noch viele Hürden vor den Entwicklern und den Gesetzgebern liegen, Karl-Heinz Glander freut sich auf die Zukunft des autonomen Fahrens, die er selbst mit gestaltet. Bleibt die Frage: Wollen das alles auch die Autofahrer?

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