Taschendiebe werden selten gefasst

Die landesweite Aufklärungskampagne der Polizei NRW „Augen auf und Tasche zu!“ soll Langfingern ihr Handwerk erschweren.

Taschendiebe werden selten gefasst
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Sie sind unauffällig, blitzschnell und bestens organisiert: Taschendiebe in NRW haben im vergangenen Jahr laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2016 einen Schaden von mehr als 15 Millionen Euro angerichtet. „Zwar sind die Fallzahlen insgesamt leicht rückläufig, aber der wirtschaftliche Schaden zeigt, dass im Kampf gegen die Täter noch viel Arbeit vor uns liegt“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU) zum Start der Aktionswoche „Augen auf und Tasche zu!“ vom 10. bis zum 16 Juli, einer Aufklärungskampagne, die die Polizei NRW landesweit durchführt. Die Täter kommen meist ungeschoren davon — gerade mal sechs Prozent der landesweit mehr als 50 000 Fälle konnten aufgeklärt werden.

Taschendiebe werden selten gefasst
Foto: Grafik: klxm.de

Die Kriminellen seien oft in Banden organisierte Mehrfachtäter und fast 80 Prozent von ihnen nicht deutscher Herkunft — besonders hoch sei der Anteil algerischer und marokkanischer Tatverdächtiger. Vermehrt Opfer von Taschendiebstählen seien Frauen, weil „die Handtasche das Tatobjekt Nummer Eins“ sei, warnte Kriminalhauptkommissar Dirk Sybertz von der Düsseldorfer Sonderkommission „Pocket“. Die häufigsten Fehler: 1. Zu große Taschen, die teils sogar unverschlossen an der Seite baumeln. 2. Alle Dokumente, Geld und Kreditkarten sind im Portemonnaie und damit im Diebstahlsfall komplett weg.

Taschendiebe werden selten gefasst
Foto: Grafik: klxm.de

Die Tricks der Täter sind perfide: So erzeugen sie künstliche Staus, um im Gedränge unbemerkt zuzuschlagen, oder verdecken die Tasche ihres Opfers mit einer Straßenkarte, um Auskunftswillige während des Erklärens zu bestehlen. So ist es der Düsseldorfer Seniorin Christa Fischermann ergangen. „Ich bin einkaufen gegangen und da sprach mich ein Mann an und fragte, ob ich ihm eine Straße zeigen kann“, berichtet die 68-Jährige. Der vermeintlich Hilfesuchende breitet eine große Straßenkarte über ihren Rollator und die darunterhängende Tasche aus. „Ich bin dann später einen Kaffee trinken gegangen und als ich bezahlen wollte, war das Portemonnaie weg.“

150 Euro waren darin. „Und die letzten 150 Euro von der kleinen Rente meiner Mutter hat er zusätzlich abgehoben“, berichtet Tochter Daniela. Glück im Unglück: Der südosteuropäische Intensivtäter wird von der Videokamera der Bank aufgenommen und später gefasst. Das ist selten. Denn nur jeder 17. Taschendiebstahl in NRW kann aufgeklärt werden.

Gerade die großen Einkaufsstädte in NRW wie Essen, Düsseldorf und Köln sind beliebte Jagdreviere für Taschendiebe. Spitzenreiter in absoluten Zahlen war 2016 Köln, gefolgt von Düsseldorf. Die Betroffenen haben beim Verlust ihres Portemonnaies dabei nicht nur den materiellen Schaden zu beklagen, sondern müssen viel Aufwand betreiben, um die Papiere neu zu beantragen.

Auf die Frage, ob der Ausbau von Videoüberwachung ein effizientes Mittel in der Bekämpfung von Taschendiebstahl wäre, äußert der Innenminister sich zurückhaltend: „Die Datenschutzgesetze sollen natürlich nicht den Tätern helfen, sondern den ermittelnden Beamten. Eventuell muss man noch einmal nachjustieren.“

Weil viele Taschendiebstähle in Supermärkten begangen werden, informiert die NRW-Polizei auch auf mehr als 14 000 „Cart-Boards“ an Einkaufswagen in 440 Geschäften.

Wer Opfer eines Diebstahls geworden ist, kann unter der Nummer 116116 EC-, Kredit- und Mobilfunkkarten sperren lassen. Tipps zum Schutz gegen Taschendiebe und Hinweise für Opfer gibt es unter:

polizei.nrw

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