Trump nach Charlottesville weiter in der Kritik

Mit einem derartigen Sturm der Empörung über seine Reaktion auf die Gewalt von Charlottesville hat Donald Trump wohl nicht gerechnet. Aber statt seine Äußerungen geradezuziehen, bleibt er erst mal auffallend stumm.

US-Präsident Donald Trump verlässt eine Presskonferenz, auf der er sich zu den Vorkommnissen in Charlottesville äußerte.

US-Präsident Donald Trump verlässt eine Presskonferenz, auf der er sich zu den Vorkommnissen in Charlottesville äußerte.

Foto: Pablo Martinez Monsivais

Charlottesville. Nach seiner vagen Antwort auf die Gewalt bei einer Kundgebung von Rechtsextremisten in Charlottesville bleibt Donald Trump im Kreuzfeuer der Kritik. Der Bürgermeister der Universitätsstadt in Virginia, Michael Signer, machte den Präsidenten mit Hinweis auf dessen Wahlkampf-Rhetorik sogar für die Eskalation am Samstag mitverantwortlich.

In mehreren US-Städten versammelten sich Menschen zu Demonstrationen gegen Rassismus. Am Samstag war es in Charlottesville am Rande einer Kundgebung von hunderten Mitgliedern verschiedener rassistischer Gruppen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten gekommen. 15 Menschen wurden verletzt. Danach fuhr ein mutmaßlicher Rechtsextremist mit einem Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten und rammte zwei Fahrzeuge. Eine 32-jährige Frau starb, weitere 19 Menschen erlitten teils schwere Verletzungen. Zwei Polizisten kamen außerdem bei der Beobachtung der Ausschreitungen aus der Luft ums Leben: Ihr Hubschrauber stürzte bei Charlottesville ab.

Der 20-jährige Autofahrer wurde wenig später festgenommen und soll am Montag erstmals vor einem Gericht erscheinen. Ihm werden Totschlag, mehrfache Körperverletzung und Fahrerflucht vorgeworfen. Weitere Anklagepunkte könnten hinzukommen. Inzwischen verdichten sich anscheinend die Hinweise darauf, dass der junge Mann aus dem US-Staat Ohio ein Neonazi-Sympathisant war. So schilderte ein ehemaliger Lehrer nach Angaben der „Washington Post“, dass der mutmaßliche Täter spätestens seit dessen High-School-Zeiten von Nazi-Sichtweisen und Adolf Hitler fasziniert gewesen sei. Auch soll er Stunden vor dem mutmaßlichen Auto-Anschlag mit einer Gruppe von Rechtsextremisten zusammen gestanden haben.

Trump hatte am Samstag zwar Hass, Gewalt und Bigotterie verurteilt, aber dabei die Rassisten und Rechtsextremisten nicht beim Namen genannt. Und er ordnete die Gewalt allgemein „vielen Seiten“ zu.

Neben Vertretern vieler Organisation und den oppositionellen Demokraten hatten auch zahlreiche prominente Republikaner Trumps Reaktion als viel zu schwach kritisiert. Das setzte sich am Sonntag fort. Dagegen blieb Trump selber stumm, versuchte entgegen verbreiteten Erwartungen nicht, seine Äußerungen vom Vortag mit einer weiteren Erklärung geradezuziehen. Auch fiel auf, dass er eine weitaus schärfere Verurteilung der Vorgänge in Charlottesville durch seine Tochter Ivanka auf Twitter nicht weiter verbreitete, wie er dies sonst bei ihren Mitteilungen oft tut. Stattdessen veröffentlichte ein namentlich nicht genannter Sprecher des Weißen Hauses eine Erklärung, in der es hieß, Trump habe am Samstag „sehr stark“ alle Formen von Gewalt, Bigotterie und Hass verurteilt. „Natürlich schließt das weiße Rassisten, KKK (Ku Klux Klan), Neonazis und alle Extremisten-Gruppen ein.“

Bürgermeister Signer, ein Demokrat, sagte am Sonntag dem Sender CBS, Trump habe im Wahlkampf die Wahl getroffen, „unseren schlimmsten Vorurteilen in die Hände zu spielen, und ich glaube, was wir sehen, ist eine direkte Linie zwischen dem, was an diesem Wochenende passiert ist und dieser Wahl“. Die Extremistengruppen seien praktisch in eine Präsidentschaftskampagne eingeladen worden und fühlten sich dadurch ermutigt. „Das muss enden, und es kann jetzt enden.“

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