Krefelder Politiker im Fokus wegen Vermietung an Flüchtlinge

Rechnungsprüfung bewertet Verträge mit Mustafa Ertürk (SPD), Timo Kühn (CDU) und einem Liberalen unterschiedlich.

Krefelder Politiker im Fokus wegen Vermietung an Flüchtlinge
Foto: Archivfotos: Dirk Jochmann

Krefeld. Drei Krefelder Lokalpolitiker verdienen Geld mit der Vermietung von Wohnungen an die Stadt, die ihrerseits Flüchtlinge darin unterbringt. Soweit, so normal im Immobiliengeschäft. Allerdings hat das Rechnungsprüfungsamt im Auftrag von Oberbürgermeister Frank Meyer nach monatelanger Recherche WZ-Informationen zufolge nun herausgefunden, dass bei einigen Verträgen Meldungspflichten verletzt worden sind. Dabei ist die Materie kompliziert und die Fälle stellen sich völlig unterschiedlich dar: Es handelt sich bei den überprüften Vermietern um den Sozialdemokraten Mustafa Ertürk, Timo Kühn von der CDU und dem Vernehmen nach um einen FDP-Vertreter.

Der Markt ist nicht gerade klein: Zum 20. November sind 1362 Flüchtlinge in 453 Wohnungen untergebracht, 399 Menschen in fünf Sammelunterkünften und 266 in sieben wohnungsähnlichen Sammelunterkünften. So unterschiedlich die Mietverhältnisse, so unterschiedliche die Wege, wie die Stadt seinerzeit die Flut an Hilfesuchenden bewältigt hat.

Was alle drei Politiker laut Rechnungsprüfung gemein haben: Verträge zwischen Kommunalpolitikern und der Stadtverwaltung müssen eigentlich dem Rat vorgelegt werden, der sie zur Kenntnis nehmen müsste. Dies ist in keinem der drei Fälle geschehen. Wohl aus Zeitgründen, heißt es. Die Stadt verweist unter anderem auf großen Druck zur Zeit der Anmietungen. Man habe wöchentlich bis zu 100 neue geflüchtete Menschen unterbringen müssen, sogar Anzeigen in den Medien geschaltet.

Bei Ertürk gestaltet sich die Angelegenheit dem Vernehmen nach insgesamt komplizierter. Der Sozialdemokrat hat auf der Inrather Straße, der Hubertusstraße und auf dem Hagerweg in drei Objekten insgesamt 16 Wohnungen an die Stadt vermietet.

Für die sieben Wohnungen an der Inrather Straße überweist die Verwaltung 50 700 Euro per anno, bei einer Kaltmiete von 6,18 Euro. „Normales Preisniveau“, sagt Stadtsprecher Timo Bauermeister auf WZ-Anfrage. Das Problem: Ertürk hat die Mietverhältnisse weder beim Oberbürgermeister angemeldet noch bei seiner Fraktion. Grund dafür ist offenbar der Umstand, dass nicht Ertürk direkt, sondern die Via Real Finance UG als Vermieter auf den Plan tritt. Deren Geschäftsführerin ist Ertürks Lebensgefährtin und sie regelt die Immobilienvermarktung für den Ratsherrn. An dieser Stelle hakt es nach WZ-Informationen.

Der Sozialdemokrat lässt seine Tätigkeiten in relevanten Ausschüssen und für seine Fraktion seit Bekanntwerden der Untersuchung ruhen. Er selbst möchte sich derzeit nicht äußern. „Es ist ein laufendes Verfahren.“ Auch, weil seine Fraktion noch Fragen hat. „Der Prüfbericht liegt uns vor“, heißt es. „Wir haben ihn uns angesehen und ausgewertet und noch einige Rückfragen. Wenn wir den Weg der lückenlosen Aufklärung konsequent beschreiten wollen, müssen wir auch das letzte kleine Detail klären.“

CDU-Mann Timo Kühn ist gemeinsam mit seinem Bruder und der Firma Monwo GmbH direkter Vermieter von zwei Wohnungen an der Hülser Straße, die von der Stadt als Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden. Auch hier soll die Kaltmiete „im normalen Rahmen“ liegen. Es gibt zwar wie bei den anderen keine Kenntnisnahme durch den Rat, aber Kühn hat „dem OB gegenüber stets alle Angaben geleistet und bei Bedarf auch ständig aktualisiert“. Er kenne den Bericht der Rechnungsprüfung noch nicht, sehe ihm aber gelassen entgegen. „Soweit ich gehört habe, gibt es zu meiner Person keine Beanstandungen.“ Er habe auch nicht gewusst, dass solche Verträge erst dem Rat vorliegen müssten. Er habe die Mietverträge nach einigem Hin und Her vorbereitet und der Verwaltung zugeschickt, ab dem 15. Februar 2016 habe das Mietverhältnis dann bestanden. „Das war es.“

Was ihn jedoch richtig sauer mache, seien erste Medienberichte über die Vermietungen an Flüchtlinge mit konkreten Adressangaben gewesen. „Wie kann man solche sensiblen Daten als Verwaltung nur herausgeben?“ Es gebe ja schließlich auch unrühmliche Beispiele aus der jüngsten Krefelder Vergangenheit dafür, was passieren kann, wenn Adressen von Flüchtlingen bekannt würden.

Am Mittwoch tagt der Rechnungsprüfungsausschuss. Nichtöffentlich. In dem wird auch der dritte Fall des Liberalen zur Sprache kommen. Dazu liegen der Redaktion noch keine Informationen vor.

Da der Oberbürgermeister aber öffentlichkeitswirksam den Auftrag erteilt hatte, bestehende Verträge zur Anmietung von privaten Wohnungen und Immobilien zwischen Stadt und Mandatsträgern der Ausschüsse, der Bezirksvertretungen und natürlich des Rates zu überprüfen, darf auf ein offizielles Ergebnis gehofft werden. Dass es am Mittwoch abschließend sein wird, ist unwahrscheinlich.

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