Böhmisches Glas im Ehrenhof

Frauke Thole übergibt dem Glasmuseum Hentrich 27 Glasskulpturen.

Böhmisches Glas im Ehrenhof
Foto: Sergej Lepke

Das böhmische Glas hat im Kunstmuseum einen großen Stellenwert. Noch mitten im Kalten Krieg wurden in den 1970er Jahren die ersten Beispiele gezeigt. Glasspezialist Gerhard Ricke brachte 1980 mit einem Paukenschlag die abstrakte Kunst des Vaclav Cigler heraus, bevor er vor rund zehn Jahren eine große Überblicksausstellung zum Böhmischen Glas präsentierte. Inzwischen pensioniert, begleitete er seinen Nachfolger Dedo von Kerssenbrock-Krosigk nach Hamburg, um seinen Segen für eine kapitale Schenkung zu geben. Denn Frauke Thole hat testamentarisch bestimmt, dass ihre komplette Kollektion mit 27 Objekten von Jan Fisar (1933 bis 2010) nach Düsseldorf kommt.

Für die Sammlerin, von Beruf Apothekerin in Hamburg, war es 1988 „Liebe auf den ersten Blick“, wie sie erklärt. Die Glasspezialistin Eliska Stölting, bei der sie die ersten Werke sah, führte sie systematisch in die Kunst des Bildhauers ein, der erst spät zum Glas gekommen war. Sie selbst war fasziniert von den Farben und der Strahlkraft der Dinge.

Die Schenkung ans Haus enthält Werke von 1987 bis 2002. Sie werden derzeit im Glasmuseum Hentrich ausgestellt. Fisar ging nicht von den traditionellen Gefäßen aus, sondern sah im Glas eine Masse, die man färben, farbig tönen und verformen kann.

Er blies nicht selbst, sondern benutzte vorgefertigte Glasblöcke aus einer Fabrik. Er schmolz sie in der von ihm gewünschten Form, um sie weiter zu verarbeiten. Er schnitt die Blöcke auf, damit sie sich in der Ofenhitze verbiegen konnten. Kaum ein Glaskünstler ist so frei mit dem Material umgegangen wie er.

Seine Handlungsweise ähnelte stets der Herstellung von Plastiken. Die Farbe und das Volumen spielten eine größere Rolle als die Transparenz. Dafür lernte er das „Absenken“ und Erweichen der aufgeschnittenen Masse im Ofen mithilfe von Gewichten oder Modeln. Das Einschleifen von Glasstücken wie überhaupt das Schleifen überließ er einem versierten Glasschleifermeister.

Die Objekte in der Ausstellung haben alle Prozeduren der Verfertigung von Glas durchgemacht. Sie sind geblasen, geschliffen und heiß verformt. Sie haben farbige Pulvereinschmelzungen und sind teilweise von farblosem Glas überfangen. Eine Eigenschaft, die sich bei keinem anderen böhmischen Glaskünstler findet, ist der Umgang mit Motiven. So gibt es Abziehbilder in feuerfester Emailmalerei, die er einbrennt. Zuweilen lässt er Scheiben einkleben oder farbiges auf farbloses Glas fügen. In einigen Fällen werden andersfarbige Steine eingeschliffen und verklebt. Fisar dachte niemals nur abstrakt, sondern immer auch in abstrahierten Figuren. So gibt es Motive, die auf Berührungen und Zuneigungen verweisen, an eine Maria mit Kind oder an zwei Geliebte denken lassen. Immer experimentierte er, nahm auch Effekte in Kauf, um seine glanzvollen Stücke zu produzieren, die nun am Rhein ihre zweite Heimat finden. Die Ausstellung mit dem Titel „Glas — schön und gefährlich“ im Ehrenhof ist bis 4. März 2018 zu sehen. Ein schöner Katalog mit 32 Seiten und allen Abbildungen kostet sechs Euro.

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