Wuppertal Reportage aus der Notfallaufnahme: Warten — und kein Ende in Sicht

Die WZ schildert einen typischen Freitagabend im Wartezimmer einer Notfallaufnahme.

Wuppertal: Reportage aus der Notfallaufnahme: Warten — und kein Ende in Sicht
Foto: Andreas Fischer

Barmen. Die Nachrichten aus aller Welt könnten nicht uninteressanter sein. Auch wenn der große Fernseher in der Notfallaufnahme eindrucksvolle Bilder liefert, haben die Menschen im Wartezimmer ihren Blick abgewandt oder starren ins Leere. Jeder einzelne hier wartet heute auf seine eigenen ganz persönlichen Nachrichten. Es ist Freitagabend, 19.30 Uhr, und im Notfallzentrum des Helios-Universitätsklinikum Barmen ist fast jeder, der mehr als 40 Plätze belegt. Vor der Aufnahme-Theke hat sich eine kleine Schlange gebildet. Jeder der jetzt noch kommt, presst sich in eine Lücke zwischen zwei Kranke. Beine berühren sich, manchmal auch Hüften.

Torben (alle Namen v. d. Redaktion geändert) fängt an zu weinen. Er hat sich im Kindergarten den Finger gequetscht. Jetzt sitzen Mutter und Großmutter seit etwa einer Stunde zwischen Rollstühlen, geschienten Beinen und Infusionsständern. Torben hat sich bei seiner Mutter festgekrallt. „Ja, das ist wirklich blöd hier für kleine Kinder“, sagt Elfriede Krämer. „Wahrscheinlich sind noch fünf bis sechs Leute vor uns.“

Manfred Geißen sitzt neben dem surrenden Getränkeautomaten. Er hat seit Tagen Kopfschmerzen. Da hilft nicht, dass er schon seit 14 Uhr zu der Zwangsgemeinschaft des Wartezimmers gehört. „Nach zwei Stunden war ich zum ersten Mal dran. Jetzt warte ich aufs Ergebnis der Untersuchung“, sagt Geißen und schaut auf die Uhr. 19.40 Uhr. Zuckende Schultern. „Was soll ich machen? Ich muss ja wissen, was los ist.“

Die Stimmung auf den meisten Plätzen ist angespannt. Auffällig wenige Wartende haben genug Ruhe, um sich von ihrem Handy berieseln zu lassen. Nur eine junge Frau hat ihr Smartphone gezückt, weil sie ihren Freund fotografieren will, der an einen Tropf angeschlossen ist. Fürs Bild setzt er kurz ein heiteres Gesicht auf.

Achim Wilde sitzt neben seinem Vater, der im Rollstuhl eingesunken ist. Seit 12 Uhr will das Warten kein Ende nehmen. Wilde wirkt aufgewühlt. „Heute sind zufällig beide meine Eltern hier eingeliefert worden“, sagt er. „Wir warten noch auf meine Mutter.“ Plötzlich steht schon die Schwester neben ihm. „Verdacht auf Nierenversagen“, sagt sie. Wilde fasst sich an den Kopf.

Inzwischen hat Manfred Geißen einen neuen Sitznachbarn. Armin Kaminsky ist aufgerutscht, um sich ein bisschen zu unterhalten. Der Mann mittleren Alters ist seit 10.30 Uhr im Krankenhaus. Staunen bei Geißen: „Was, so lange?“ Doch Kaminsky räumt ein: „Ich habe schon ein Bett hier.“ Nur sei es ihm oben im Zimmer langweilig geworden. Geißen lacht. Da gibt es doch wirklich einen, der freiwillig hier sitzt.

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