Glücksspielgesetz Zukunft vieler Spielhallen in NRW ist ungewiss

Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielgesetzes müssen landesweit Betriebe schließen. Ein hoher Aufwand für die Kommunen.

Glücksspielgesetz: Zukunft vieler Spielhallen in NRW ist ungewiss
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Düsseldorf. Nach der Verschärfung des Glücksspielgesetzes müssen zahlreiche Spielhallenbetreiber auch in Nordrhein-Westfalen um ihre Betriebserlaubnis bangen. Hintergrund ist der sogenannte Glücksspielstaatsvertrag, der formal bereits seit 2012 in Kraft ist — am 1. Dezember vergangenen Jahres lief die Übergangsfrist aus, die Kommunen und Betreiber nutzen konnten, um Rechtssicherheit für die Einrichtungen herzustellen.

Um das Glücksspielangebot einzudämmen und damit die Gefahr für Spielsucht zu reduzieren, sieht das Gesetz strenge Auflagen vor: So müssen Spielhallen unter anderem einen Mindestabstand von 350 Metern zu Schulen oder Jugendtreffs einhalten — weiterhin darf eine Spielhalle die Zahl von zwölf Spielautomaten nicht überschreiten. Außerdem sind Mehrfach-Konzessionen für Spieletempel, die mehrere Spielhallen unter einem Dach beherbergen, nun nicht mehr zulässig. Jede der 4000 Spielehallen in NRW musste eine neue Betriebserlaubnis beantragen. Die Entscheidung, wer schließen muss, obliegt den Kommunen, die auch in der Region vielerorts vor einer Mammutaufgabe stehen.

So etwa in Solingen, wo die Stadt „entschlossen gegen Spielhallen vorgehen“ will, sagt Sprecher Thomas Kraft. Derzeit gibt es in der Klingenstadt 37 Spielhallen an 18 Standorten, von denen mittelfristig nur noch sieben übrig bleiben sollen. Ordnungsdezernent Jan Welzel plant, die jetzt verfügbaren rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um gegen das Glücksspiel in Solingen vorzugehen. „Der Gesetzgeber hat hier ein wirksames Instrumentarium zur Verfügung gestellt. Damit können wir die Spielhallenlandschaft endlich bereinigen.“ Ein Anliegen, das auch Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) unterstützt: „Die Spielhallen waren den meisten Solingern schon lange ein Dorn im Auge, der jetzt endlich weitgehend entfernt werden kann.“

Aktuell werden die Betreiber der Spielhallen über das Verfahren informiert und erhalten die Gelegenheit zur Anhörung. So sind die Kommunen angehalten, bei der Abwägung zwischen zwei konkurrierenden Spielbetrieben eine Auswahlentscheidung zu treffen, wenn der Mindestabstand unterschritten wird. Bis alle Ablehnungs- oder Erlaubnisbescheide verschickt sind, werde Solingen der Weiterbetrieb der Spielhallen dulden, so Kraft.

Für die Städte haben potenzielle Schließungen von Spielhallen allerdings den Haken, dass die Einnahmen aus der für die Betriebe erhobenen Vergnügungssteuer entsprechend sinken würden. In Solingen beziffert die Stadt den Ausfall für dieses Jahr auf 1,7 Millionen Euro — 2019 beläuft sich der Verlust für die wegfallende Vergnügungssteuer auf 2,7 Millionen Euro. Weniger stark zu Buche schlagen in Solingen voraussichtlich die Ausfälle der Gewerbesteuer — hier kalkuliert die Kämmerei mit einem Minus von 80 000 Euro und für das kommende Jahr noch einmal mit 25 000 Euro.

Weniger fortgeschritten ist das Prozedere in Düsseldorf, wo aktuell 97 Spielhallen in Betrieb sind. Wie viele davon ihre Pforten schließen müssen, vermag Stadtsprecher Volker Paulat noch nicht zu sagen — die Bearbeitung der Konzessionsanträge laufe auf Hochtouren. „Das Ordnungsamt prüft die eingehenden Anträge sehr genau, um mögliche Klagen von Spielhallenbetreibern so gering wie möglich zu halten.“ Grundsätzlich rechne man damit, dass diese im Falle einer drohenden Schließung ihres Betriebs versuchen werden, rechtlich gegen die Entscheidung vorzugehen.

Auch im Krefelder Rathaus ist die Entwicklung im Hinblick auf den Umgang mit den Spielhallen noch in der Schwebe. 63 Betriebe gibt es dort an der Zahl. Zu Schließungen ist es bislang noch nicht gekommen, können aber nicht ausgeschlossen werden, heißt es aus der Pressestelle knapp. „Die Stadtverwaltung wird ein Konzept für den Bereich der Spielhallen in Kürze den politischen Gremien zur Beratung und Entscheidung vorlegen“, berichtet ein Sprecher. Einnahmen von 5,99 Millionen Euro hat die Kämmerei im Haushalt 2018 bei der Vergnügungssteuer veranschlagt, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt — darunter Steuereinnahmen aus dem Bereich der Spielhallen, die in den kommenden Jahren „neu zu bewerten“ sein werden.

In Wuppertal gibt es 88 Spielhallen, von denen voraussichtlich 26 ihre Pforten schließen sollen, wie aus einem Sachstandsbericht der Verwaltung hervorgeht. Auch sind der Stadt schon zwei Klagen von Spielhallenbetreibern gegen einen Ablehnungsbescheid ins Haus geflattert, weitere 15 klagten gegen eine Erlaubniserteilung für einen Konkurrenten.

„Bis 2021 werden wir die Anzahl der Einzelkonzessionen stufenweise von 39 auf 23 reduzieren“, kündigt Remscheids Ordnungsamtsleiter Jürgen Beckmann an. Die Einnahmen aus der Vergnügungssteuer sollen dennoch mit 2,85 Millionen Euro stabil bleiben, da der Betrag sich nach Einschätzung der Kämmerei nur anders verteilen werde.

Nach Angaben des NRW-Innenministeriums hat der Landtag eine Abfrage bei den Kommunen in Auftrag gegeben, um sich einen Überblick über die Verfahren in NRW zu schaffen.

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