Düsseldorferin Svenja Schulze wird Umweltministerin in Berlin

Düsseldorf. Verbindlich, freundlich, aber untrennbar verbunden mit einer Atomkugel-Posse - Svenja Schulze hat in ihren rund 20 Jahren Landespolitik in Nordrhein-Westfalen ganz eigene Spuren hinterlassen.

 Schulze leitet das Umweltressort der neuen Bundesregierung.

Schulze leitet das Umweltressort der neuen Bundesregierung.

Foto: Federico Gambarini

Nach der klassischen "Ochsentour" durch die Niederungen der SPD kam die damalige Juso-Vorsitzende der NRW-SPD 1997 erstmals als Nachrückerin und damals jüngste Abgeordnete in den Düsseldorfer Landtag. Mit einer Unterbrechung hat die 49-jährige gebürtige Düsseldorferin dort insgesamt schon 17 Jahre lang den Wahlkreis Münster vertreten und sich entsprechend gut in der Partei vernetzt.

Nun soll Schulze nach dem Willen der SPD-Spitze neue Bundesumweltministerin werden - als Nachfolgerin von Barbara Hendricks aus Kleve, die mit 65 Jahren aus dem Kabinett ausscheidet. Hendricks, die nach eigenen Worten "ein bisschen wehmütig" geht, vertraut ihrer Landsfrau aus NRW: "Sie wird sicherlich ihre Arbeit gut machen", sagte sie am Freitag. Schulze könne sich auf ein "hervorragend aufgestelltes Haus" verlassen.

Den bisherigen Höhepunkt ihrer Karriere erreichte Schulze 2010, als die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sie zur Wissenschaftsministerin machte. In der Fachwelt genoss Schulze, die an der Ruhr-Universität Bochum einen Master in Germanistik und Politikwissenschaft abgelegt hatte, allerdings nicht dieselbe Anerkennung wie ihr Vorgänger, der Wissenschaftler und heutige NRW-Wirtschaftsminister Prof. Andreas Pinkwart (FDP).

Mit einem Kommunikationsdebakel um vermeintlich verschwundene Brennelemente-Kugeln im Versuchsreaktor Jülich provozierte Schulze sogar einen Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag. Später stellte sich heraus: Es wurden eigentlich gar keine Kugeln vermisst. Viele rechneten damals mit ihrer Ablösung. Die spektakuläre Auflösung des Landtags ließ das Interesse an der Affäre im März 2012 allerdings schlagartig erlöschen und Kraft ließ Schulze auch in ihrem neuen Kabinett auf dem Ministerposten.

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Ihre siebenjährige Amtszeit bleibt mit einem rot-grünen Kernanliegen verbunden: der Abschaffung der Studiengebühren in NRW. "Darauf bin ich bis heute stolz", betont sie in ihrem Internet-Porträt. Was sie in ihrem neuen Job vorhat, erklärte die deutschlandweit bisher eher unbekannte Politikerin am Freitag: Sie habe sich vorgenommen, "Industriepolitik, ökologische Politik und soziale Politik wirklich gemeinsam zu machen".

Schulze, Kraft und ihr früherer Verkehrsminister, der heutige SPD-Landeschef Michael Groschek, sind seit vielen Jahren Weggefährten im engeren Machtzirkel des SPD-Landesvorstands. Alle drei präsentieren sich als Politiker wie aus einem Holz geschnitzt: mit patentem Auftreten, schnörkelloser Sprache und leichtem Zugang zu den "einfachen Leuten".

So war es wenig überraschend, dass Groschek Schulze im vergangenen Jahr zu seiner Generalsekretärin berief und ein Parteitag sie mit 69 Prozent bestätigte. Schulze galt seitdem als Groscheks Favoritin, um im Bundeskabinett einen Platz für die mächtige NRW-SPD mit einer neuen Frau zu besetzen.

Dass zwischen die beiden kein Blatt Papier passt, bewies die frauenbewegte Krimi-Liebhaberin als sie im Bundestagswahlkampf einen verunglückten Spruch von Groschek offiziell für witzig befand: "Svenja Schulze und ich werden wie Callgirl und Callboy an vorderster Front dabei sein."

Auch im Berliner Willy-Brandt-Haus, der SPD-Parteizentrale, hat Schulze Unterstützer. Dietmar Nietan jedenfalls, der ebenfalls aus NRW stammende Schatzmeister, ist voll des Lobs: Sie habe in der Landtagsfraktion eine "sehr profilierte Umweltpolitik" gemacht, sei sach- und teamorientiert und zuverlässig.

Aber hat Schulze auch das Zeug dazu, sich mit einem Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und einer Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) zu zoffen? Das gehört schließlich zum Alltag im Umweltressort. Nietan dazu: Die 49-Jährige sei „sehr hartnäckig“ und stets gut vorbereitet. "Und vielleicht ist es ja mal so, dass sich die durchsetzen, denen es um die Sache geht - und nicht die, die großes Geheul anstimmen." dpa

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