Schwere Vorwürfe Sexuelle Belästigung: WDR-Mitarbeiter tritt von Seminarleitung zurück

Köln/Aachen. Der WDR-Mitarbeiter, der nach Berichten des Rechercheverbunds „Correctiv“, des Magazins „Stern“ und der Süddeutschen Zeitung von mindestens zwei früheren Praktikantinnen der sexuellen Belästigung beschuldigt wird, ist nach der Veröffentlichung der Vorwürfe von der Leitung eines jährlichen Sommer-Seminars für Jugendliche und junge Erwachsene zurückgetreten.

Symbolbild

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Foto: Oliver Berg

Das Journalismus-Seminar, das jährlich für zehn Tage in einem Eifel-Dorf stattfindet, richtet sich an Schülerinnen und Schüler ab der Jahrgangsstufe 11 sowie an Studentinnen und Studenten. Der heute 60-jährige WDR-Mitarbeiter gehörte 1989 zu den Mitgründern. In diesem Sommer soll das Seminar mit 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum 29. Mal stattfindet, die Bewerbungsfrist endet in dieser Woche.

Auf Anfrage unserer Zeitung teilten der Vorstand des Förderverein und das Leiterteam des Seminars am Sonntagabend mit, der beschuldigte WDR-Mitarbeiter seine Frau seien "am vergangenen Donnerstag von all ihren Funktionen im Zusammenhang mit dem Journalistenseminar Rohren zurückgetreten - inhaltlich und auf Leitungsebene. Das übrige Leiterteam, das in den vergangenen Jahren auch an der Durchführung und Gestaltung des Seminars beteiligt war, sowie der Förderverein nehmen die Hinweise aus den Medien sehr ernst und prüfen sie sorgfältig. Wir haben direkt nach den Veröffentlichungen Kontakt mit den ehemaligen Teilnehmern im Netzwerk aufgenommen, um dem nachzugehen.“

In der vergangenen Woche hatte eine frühere Praktikantin des Mannes in einem Artikel mit der Überschrift "Er nannte sich ,Alpha-Tier’" unter anderem geschildert, wie er sie bei einer Dienstreise auf dem Hotelflur abgepasst und auf einen „Drink“ in sein Zimmer eingeladen habe: „In seinem Zimmer schenkte er Champagner ein und addete mich auf Facebook. Dann zeigte er mir auf seinem Laptop Bang-Bus-Pornos.“ Sie habe das Zimmer dann verlassen, so die Frau, die ihre Angaben mit einer eidesstattlichen Versicherung untermauert habe, berichtete Correctiv. Der Bericht endete mit den Sätzen: "Der Korrespondent selbst ließ Fragen unbeantwortet. Für den Sommer will er wie schon öfter ein Journalistenseminar leiten. Es richtet sich an Studenten und Schüler ab Klasse elf. Bewerber werden gebeten, ihren Unterlagen ein Foto beizufügen.“ Dazu wird es nun nicht mehr kommen.

Das Seminar findet jährlich in einem Haus statt, dass der Sektion Aachen des Deutschen Alpenvereins gehört. Es erstreckt sich über drei Etagen und verfügt über 20 Betten, die auf fünf Zimmer verteilt sind. Nach eigenen Angaben nahmen in den vergangenen Jahren mehr als 450 junge Menschen an dem Seminar teil. Träger des Seminars ist die Agentur für Arbeit Aachen, daneben gibt es einen Förderverein in Köln. Gegenüber einer Lokalausgabe der Aachener Zeitung rühmte der WDR-Mitarbeiter zum 25-jährigen Bestehen des Seminars: „Wir haben riesige Karrieren hervorgebracht“; als Beispiel nannte er zwei Männer. Den Ort "kannst du nicht beschreiben", den "kannst du nur fühlen“, so der Ex-Leiter 2014: „Das macht die einmalige Atmosphäre des Hauses, die 18 Stunden Arbeit am Tag — aber nachvollziehen kann das kein Mensch.“

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