Es kommen noch mehr Leihräder nach Düsseldorf

Immer mehr Anbieter für Bike-Sharing drängen nach Düsseldorf, nun sogar aus China. Dabei stehen Mieträder schon jetzt haufenweise herum — und oft im Weg.

Symbolbild

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Foto: dpa/Ekkehard Rüger

Sie stehen nicht nur in größerer Zahl zur Ausleihe bereit, sondern immer öfter einfach nur im Weg: die Leihfahrräder. Oftmals stehen sie nicht mal mehr, sondern liegen gleich haufenweise mitten auf den Gehwegen.

Seit 2008 stellt Nextbike rund 450 Räder bereit. 2017 startete dann die Bahntochter Fordpass Bike-Sharing. Damit kamen noch einmal 1200 Räder hinzu. Wer sich anmeldet, erhält die Botschaft: „Sobald Sie sich einmalig bei Call a bike angemeldet haben, gehört die Stadt Ihnen.“ Und so verhalten sich dann leider auch viele Nutzer und stellen die Räder ab, wo es gerade recht ist. Ein Passant am Hauptbahnhof macht seinem Ärger Luft. „Die Bahn sollte sich um Pünktlichkeit ihrer Züge bemühen, anstatt mit Fahrrädern neues Geld zu verdienen.“

Doch mit diesem Angebot an Leihrädern ist es nicht genug. Nun klopfen gleich vier Anbieter aus China bei der Stadt an. Noch in diesem Monat startet Weltmarktführer Mobike. Doch verkraftet das die Stadt überhaupt, wenn nicht Hunderte, sondern gleich Tausende Fahrräder im Stadtbild herumstehen?

Die Erfahrungen in anderen Städten lassen jedenfalls aufhorchen. In London wurden Räder beschlagnahmt, weil sie kreuz und quer standen. In Amsterdam verbietet man den Betreibern die Nutzung öffentlicher Abstellplätze und spricht vom Fahrrad-Infarkt, stehen doch für 840 000 Einwohner rund 800 000 Räder bereit. Ausreichend sei ein Rad pro zehn Einwohner, heißt es bei Nextbike. Und auch in Berlin und Frankfurt ist der Ärger über die Drahtesel-Flut groß.

Die Pressesprecherin von Mobike, Ines Balkow, versucht zu beruhigen: „Wenn unsere Fahrräder falsch geparkt werden, sorgt unser Team, das Tag und Nacht im Einsatz ist, dafür, dass die Räder sofort wieder umgeparkt oder repariert werden.“ Und Balkow gibt auch für die Zukunft Entwarnung: „In Düsseldorf handelt es sich um ein Pilotprojekt. Wir starten mit einer kleinen Anzahl von Fahrrädern, im niedrigen dreistelligen Bereich, um zu sehen, ob unser Service gut angenommen wird. Im nächsten Schritt würden wir die Anzahl der Fahrräder der Nachfrage anpassen, sowohl nach oben als auch nach unten.“

Zwischen Versprechungen und Realität gibt es bei den aktuellen Anbietern allerdings große Unterschiede. Beispiele gibt es reichlich. Kaum war der Luegplatz nach unterirdischen Bauarbeiten eingesät und mit Fahrradständern versehen, als die ersten Leihräder dort standen und die Ständer blockierten. An der Kunstakademie standen so viele Räder der Studenten und der privaten Anbieter herum, dass der Durchgang zum Akademie-Rundgang versperrt war. An der Niederkasseler Straße, Ecke Kanalstraße, kamen die Kita-Kinder und die Schüler zeitweilig vor lauter Drahteseln nicht über die Kreuzung. Die Brauerei Füchschen hat ein Schild für die Ratinger Straße/ Ecke Neustraße gebastelt und an Bäumen befestigt, mit einem Verbot für Fahrräder. Der Grund liegt darin, dass die Brauerei eine neue Bierschwemme errichtet, die den zukünftigen Terrassenbereich lieber für Kunden mit durstiger Kehle freihalten will.

In seltener Einmütigkeit reagieren die Politiker von SPD und CDU. Martin Volkenrath, Vorsitzender des Ordnungs- und Verkehrsausschusses, sieht den Vorteil des Rads im günstigen Flächenbedarf. Aber er sagt ganz klar: „Wir möchten die Kräfte des freien Marktes nicht frei walten lassen. Wir brauchen ein Konzept mit gewissen Regularien. Ein Fahrrad-Infarkt wäre grotesk.“

Ebenso skeptisch ist Andreas Hartnigk als sein Stellvertreter im Fachausschuss. „Jeder Anbieter kann kommen, aber wir müssen es steuern. Wer sich nicht nachhaltig an Regeln hält, sollte vor die Tür gesetzt werden. In Amsterdam landeten die ersten Fahrräder in den Grachten, in Benrath im Schloss-Weiher. Das brauchen wir nicht.“

Beide Politiker wollen die Verwaltung zum Handeln auffordern. Aber dort ist man nicht unvorbereitet. Stadtsprecher Volker Paulat erklärt jedenfalls, man spreche schon sehr genau mit jedem Anbieter.

Außerdem bemühe man sich um immer mehr Fahrradwege und Abstellplätze. Paulat: „Pro Jahr werden etwa 350 neue Fahrradbügel im öffentlichen Straßentraum installiert. An den S-Bahn-Standorten Benrath, Eller, Flughafenbahnhof und Hamm werden Fahrradboxen aufgestellt. Am Standort Bilk-S ist im Rahmen des Klimaschutzförder-Wettbewerbs die Aufstellung eines automatisierten Fahrradparkturms mit 120 Plätzen geplant.“

Derzeit kämpfen Fahrradfahrer aber mit den Verleih-Firmen um die knappen Abstellplätze. Paulat bestätigt zumindest die gute Absicht: „Die Verwaltung arbeitet mit dem Büro Cobe Kopenhagen/Berlin an einfachen und Premium-Fahrradhäuschen für Straßenräume in Größenordnung von Parkständen für Pkw, um mit wenig Platzverbrauch mehr Sicherheit und Komfort beim Abstellen von Fahrrädern zu schaffen. Dies gilt auch für Standorte an Rheinbahnhaltestellen.“

Wie nötig das ist, zeigt der steigende Anteil von Radfahrern im Straßenverkehr, der schon bei 14,5 Prozent liegt.

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