Analyse Warum die Kommunikations-Chefin des Düsseldorfer Rathauses gekündigt hat

Die Kündigung von Kerstin Jäckel-Engstfeld kommt überraschend. Die Leiterin des Amtes für Kommunikation in Düsseldorf macht die Entscheidung bei Facebook öffentlich - eine Analyse.

Analyse: Warum die Kommunikations-Chefin des Düsseldorfer Rathauses gekündigt hat
Foto: Stadt

Düsseldorf. Dass eine Amtsleiterin kündigt und dies auf ihrer Facebook-Seite öffentlich erklärt, zeigt sehr deutlich, dass Ursachen und Anlass für diesen Schritt gewaltige sein müssen. Es lohnt daher, den Facebook-Beitrag in Ruhe zu betrachten, denn auch wenn er getragen ist vom Versuch, diplomatisch zu formulieren, trägt er letztlich alle wesentlichen Konfliktlinien in sich.

„Es war mir eine Ehre, für die Bürgerinnen und Bürger meiner Heimatstadt Düsseldorf tätig gewesen zu sein und das Amt für Kommunikation crossmedial und damit zukunftsfähig aufgestellt zu haben.“

Das klingt nach Eigenlob, ist aber eine treffende Beschreibung. Kerstin Jäckel-Engstfeld hat die Arbeit eines Amtes verändert, das lange den Ruf genoss, Informationen eher zu verhindern, als sie zu verbreiten. Das Amt veröffentlicht inzwischen neben seinen Texten auch viele Bilder, Grafiken und Videos, um anschaulich zu berichten.

Zudem kommuniziert es auf allen heute wichtigen Kanälen und hat dafür nun sogar die Struktur eines Newsrooms, wie moderne Medienhäuser sie besitzen. Das ist wesentlich Kerstin Jäckel-Engstfeld zu verdanken. Zugleich führt diese Leistung zu einem der Kern-Probleme. Die Leitung des Amtes für Kommunikation steckt von jeher in einem Dilemma: Sie muss als Behörde politisch neutral sein und ist per Definition dem Wohl der Stadt verpflichtet. Da die Leitung aber immer eng mit dem Oberbürgermeister arbeitet, wird sie von jeher auch immer als Sprecher desselbigen wahrgenommen. Viele frühere Amtsleiter haben das Dilemma zugunsten des Oberbürgermeisters aufgelöst und klar politisch gearbeitet. Das hat Kerstin Jäckel-Engstfeld weit weniger getan. Das ist ihr unter demokratischen Gesichtspunkten hoch anzurechnen, letztlich aber einer der Gründe ihres Scheiterns.

„Die Funktion der Leitung des Amtes für Kommunikation lässt sich meines Erachtens nur ausfüllen, wenn es eine breite Vertrauensbasis, beidseitige Loyalität und Ehrlichkeit, ein kollegiales und faires Arbeitsumfeld und einen unbegrenzten Zugang zu allen Informationen gibt.“

An dieser Stelle müssen einige Begriffe einzeln betracht werden. Kerstin Jäckel-Engstfeld bemängelt, dass Vertrauen und Loyalität fehlen. Auch das ist eine treffende Beschreibung. Sie hat ihre Wurzel in dem zuvor beschriebenen Dilemma. Dass sie als Stadt- und nicht als OB-Sprecherin gewirkt hat, ist ihr zum Verhängnis geworden, weil die Stadt gut dasteht, der Oberbürgermeister aber nicht.

Thomas Geisel befindet sich dauerhaft unter Beschuss, unabhängig davon, ob er etwas Gutes geleistet oder einen politischen Fehler begangen hat. Bei Erfolgen (Sparkassen-Streit I, Tour de France) fand er sich trotzdem in der Defensive wieder, oder diese kam nicht bei den Düsseldorfern an.

Die Stadt investiert beispielsweise 700 Millionen Euro in den Schulbau und kaum ein Bürger weiß das. Bei den Konflikten (Max Stern, Ed Sheeran) war die Verteidigung für den OB nicht gut aufgestellt. Kerstin Jäckel-Engstfeld schreibt auch vom kollegialen Arbeitsumfeld und unbegrenztem Zugang zu allen Informationen. Das führt in den inneren Zirkel des Oberbürgermeisters. Dort gibt es seinen Büroleiter Jochen Wirtz, seine Berater Dieter Schneider-Bichel und Peter Kluth sowie Stadtdirektor Burkhard Hintzsche. Geisel kommunizierte in den wichtigsten Fragen also einschließlich der Amtsleiterin mit mindestens fünf Personen.

Da passiert bei Pensum, Tempo und Persönlichkeit des OB schnell, dass er dem einen etwas sagt, den anderen aber vergisst, dass der eine aktiv wird und der andere davon überrascht wird. Hinzu kommt, dass Wirtz als früherer Fraktionsgeschäftsführer der SPD und Schneider-Bichel als früherer Zeitungsredakteur die öffentliche Kommunikation viele Jahre lang gepflegt und diese Gewohnheit auch mit ihren neuen Positionen nicht abgelegt haben.

„Idealerweise kommen noch gemeinsame Ideale und überzeugende Projekte hinzu. All dies ist für mich leider nicht mehr gegeben. Daher habe ich mich zu dem Schritt entschlossen.“ Geisel und Jäckel-Engstfeld haben die gemeinsamen Ziele verloren. Das ist neben den beschriebenen strukturellen Schwierigkeiten auch auf das politische Klima in Düsseldorf zurückzuführen.

Die Aggressivität, mit der die Debatten hier inzwischen geführt werden, ist erschreckend. Sachliche Beschäftigung mit den Argumenten der jeweils anderen Seite findet faktisch nicht mehr statt. Vorschläge werden in der Regel per se abgelehnt. Was in den Gremien bisweilen noch wie politische Folklore wirkt, geht spätestens in Pressemitteilungen und Facebook-Beiträgen in Unterstellungen und Kränkungen über. Der Oberbürgermeister und die Leiterin des Amts für Kommunikation standen stets im Zentrum dieser Auseinandersetzungen.

Fazit: Die wechselseitige Kritik von Thomas Geisel und Kerstin Jäckel-Engstfeld an einander ist weitgehend nachvollziehbar. Deshalb erscheint die Trennung logisch, unabhängig davon, wer sie ausgesprochen hat. Der Beitrag bei Facebook trägt viel Emotionen in sich und ist mit Blick auf die weitere berufliche Laufbahn sicher kein besonders kluger Schachzug. Das alles zeigt, wie tief verletzt Kerstin Jäckel-Engstfeld ist. Das Tragische: Die Verletzungen mögen beim Oberbürgermeister andere sein, Art und Tiefe der Wunden sind bei beiden gleich.

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