Schlangen vor Wahllokalen Großer Andrang bei der Türkei-Wahl in Deutschland

Köln/Berlin (dpa) - Mit einem größeren Andrang in mehreren Wahllokalen hat am Donnerstag bundesweit die Stimmabgabe türkischer Wahlberechtigter für die Parlaments- und Präsidentenwahl am Bosporus begonnen.

Schlangen vor Wahllokalen: Großer Andrang bei der Türkei-Wahl in Deutschland
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Gut 1,4 Millionen Bürger mit türkischem Pass können sich in Deutschland bis zum 19. Juni an den Wahlen in der Türkei beteiligen. Seit dem Morgen kamen viele Wähler in mehrere türkische Generalkonsulate, mancherorts bildeten sich Schlangen.

Schlangen vor Wahllokalen: Großer Andrang bei der Türkei-Wahl in Deutschland
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Eine Stimmabgabe ist möglich an mehr als einem Dutzend Standorten wie Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln/Hürth oder auch in München, Nürnberg und Stuttgart. In der Türkei wird am 24. Juni gewählt.

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Im türkischen Generalkonsulat in Köln/Hürth herrschte reges Treiben. „Am Wochenende werden wir sicherlich noch mehr Zulauf haben“, sagte Generalkonsul Ceyhun Erciyes der Deutschen Presse-Agentur. Er rechne mit einer Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent im dortigen Einzugsbereich mit rund 130.000 registrierten Wahlberechtigten. Die Wähler bekommen zwei Stimmzettel, auf denen sie jeweils mit einem Stempel ihren Kandidaten auswählen.

Schlangen vor Wahllokalen: Großer Andrang bei der Türkei-Wahl in Deutschland
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In Essen warteten Menschen schon am Morgen auf Einlass. Dort wird auf dem Messegelände gewählt. In Düsseldorf berichtete eine Konsulatssprecherin, am Vormittag hätten schon „reichlich Menschen“ votiert. Auch in Stuttgart wurde der Urnengang unter großem Medieninteresse verfolgt. Im dortigen Einzugsbereich sind 147 000 Wahlberechtigte registriert - mehr als in jedem anderen Generalkonsulat. Etwa 30.000 Wähler aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland erwartete die Polizei in Mainz nach den Erfahrungen der vergangenen Urnengänge bis zum 19. Juni.

In Berlin bildete sich vor Konsulatsöffnung eine Warteschlange. Hamburg vermeldete zunächst einen mäßigen Zulauf. Der dortige Sprecher der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Hüseyin Kayaturan, warf der türkischen Regierung vor, auch auf in Hamburg lebende Oppositionelle Druck auszuüben und sie an der Wahl zu hindern.

Die Kölner Wählerin Nuscan Aksoy sagte, sie habe für die islamisch-konservative AKP und Präsident Recep Tayyip Erdogan gestimmt, weil unter ihm wirtschaftlich und kulturell vieles vorangekommen sei in der Türkei. Eine kurdischstämmige 47-Jährige gab an, sie habe die oppositionelle HDP gewählt. „Wir wollen eine Demokratie wie in Deutschland. Aber mit Erdogan geht die Türkei in eine Diktatur.“ In Nordrhein-Westfalen leben fast 500.000 türkische Wahlberechtigten.

Erdogan, der seit dem Putschversuch vor fast zwei Jahren rigoros gegen Kritiker vorgeht, strebt eine Wiederwahl an. Umfragen deuten darauf hin, dass Erdogan am 24. Juni eine absolute Mehrheit verfehlen könnte. Sollte es zu einer Stichwahl kommen, wird diese in Deutschland vom 30. Juni bis 4. Juli stattfinden. In der Türkei würde eine zweite Wahlrunde am 8. Juli die Entscheidung bringen. Die Wahlurnen sollen nach Angaben des Kölner Konsulats in die Türkei gebracht werden, dort werden die Stimmen ausgewählt.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, erwartet einen knappen Wahlausgang. In der Türkei, aber auch in der türkischen Community in Deutschland, gebe es eine Wechselstimmung zulasten von Erdogan, sagte er dem Sender SWR.

Bei einem Wahlkampfauftritt in der südwesttürkischen Stadt Mugla hatte Erdogan am Mittwoch um massenhafte Unterstützung aus dem Ausland geworben. „Bringt auch in Europa mit Gottes Hilfe die Urnen zum Platzen.“ Wie in Deutschland hat auch in Österreich und Frankreich die Wahl am Donnerstag begonnen, andere Ländern folgen später. Insgesamt kann in 60 Ländern außerhalb der Türkei abgestimmt werden.

Mehr als drei Millionen Auslandstürken sind wahlberechtigt, die größte Gruppe lebt in Deutschland. Auslandstürken stellen mehr als fünf Prozent aller türkischen Wähler. Bei einem knappen Ergebnis könnten ihre Stimmen entscheidend sein. In Deutschland hatten 63 Prozent vor gut einem Jahr „Ja“ gesagt zum umstrittenen Verfassungsreferendum, in der Türkei selbst waren es lediglich 51,4 Prozent.

Die Wahlen sind von außergewöhnlicher Bedeutung, weil mit ihnen die von Erdogan angestrebte Einführung des Präsidialsystems abgeschlossen werden soll, das den Präsidenten mit deutlich mehr Macht ausstattet.

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