EU-Parlament stimmt gegen Reform des Urheberrechts

Brüssel. Die Abgeordneten des Europa-Parlaments haben mit knapper Mehrheit die geplante EU-Reform zur Stärkung des Urheberrechts von Autoren und Verlagen vorerst gestoppt. Die Abgeordneten lehnten mit 318 zu 278 Stimmen bei 31 Enthaltungen eines Vorschlag des Rechtsausschusses ab, entsprechende Verhandlungen mit der Kommission und den nationalen Parlamenten zu beginnen.

 Das EU-Parlament hat über die umstrittene Urheberrechtsreform abgestimmt.

Das EU-Parlament hat über die umstrittene Urheberrechtsreform abgestimmt.

Foto: Lukas Schulze

Die Kontroverse, bei der es um ein besseres Leistungsschutzrecht für Autoren und Verleger sowie um „Upload-Filter“ zur Verhinderung von Copyright-Verletzungen auf Videoplattformen geht, wurde von einer massiven Lobby-Kampagne der Internet-Konzerne Google, Amazon, Facebook und Co. gegen die Richtlinie begleitet. Nach der Ablehnung des Verhandlungsmandats steht das Thema nun erneut auf der Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung des EU-Parlaments im September.

Nach der Abstimmung sagte der Berichterstatter des Rechtsausschusses, der deutsche CDU-Abgeordnete Axel Voss (EVP-Fraktion): „Ich bedauere, dass eine Mehrheit der Abgeordneten den Standpunkt, den ich und der Rechtsausschuss vertreten haben, nicht unterstützt hat. Aber das ist Teil des demokratischen Prozesses. Wir werden nun im September auf die Angelegenheit zurückkommen, um weitere Überlegungen anzustellen und zu versuchen, die Anliegen der Menschen anzugehen, während wir unsere Urheberrechtsbestimmungen auf den neuesten Stand der digitalen Umgebung bringen.“

Das Parlament hatte über das Verhandlungsmandat abgestimmt, weil mehr als zehn Prozent seiner Mitglieder bis zum Ablauf der Einspruchsfrist am Dienstag um Mitternacht den im Rechtsauschuss angenommenen Textentwurf der Richtlinie abgelehnt hatten.

Die Düsseldorfer SPD-Europaabgeordneten Petra Kammerevert zeigte sich erfreut über das Ergebnis: „Ich bin sehr erleichtert über den Ausgang der heutigen Abstimmung im Plenum des EU-Parlaments. Es besteht nun die Chance, die Position des Parlaments zur umstrittenen Urheberrechtsreform zu korrigieren und ein offenes und freies Internet zu bewahren“, so Petra Kammerevert, die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Bildung im Europäischen Parlament ist.

Eine Verpflichtung für Online-Plattformen, von Internetnutzern hochgeladene Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen zu überprüfen und zu blockieren, „würde das Internet wie wir es heute kennen, in Frage stellen“. Uploadfilter gefährdeten die Kunst- und Meinungsfreiheit. Auch das Leistungsschutzrecht für Presseverleger, welches durch die Urheberrechtsreform europaweit eingeführt werden solle, sei ein wichtiger Grund für die Ablehnung des Verhandlungsmandats des CDU-Berichterstatters Axel Voss gewesen, so Kammerevert: „Ein solches Schutzrecht besteht in Deutschland bereits seit 2013 und verfehlt hierbei seine Ziele auf ganzer Linie. Es hat zu erheblichen Kollateralschäden und entgegen der beabsichtigten Ziele zu einer Stärkung der Monopolanbieter und keineswegs zu einer Verbesserung der Position der Urheberinnen und Urheber geführt.“

Der Verband der Deutschen Zeitschriftenverleger (VDZ) und der Bundesverband der deutschen Zeitungsverleger (BDZV) bedauerten, dass das EU Parlament dem Vorschlag seines Rechtsausschusses für eine Modernisierung des Urheberrechts in der digitalen Welt nicht gefolgt sei und nun erst im September über Neuregelungen beschließen wolle. Die Verbände setzten aber weiter auf das grundsätzliche Interesse der EU-Abgeordneten „an einem robusten Schutz“ der Vielfalt professioneller Presseangebote in Deutschland und Europa: „Ohne ein eigenes Schutzrecht der Presse können die Netzgiganten weiterhin digitale Produkte der Zeitungen und Zeitschriften für kommerzielle Zwecke nutzen, ohne hierfür zu zahlen. Damit wird Investitionen und Innovationen im Bereich professioneller journalistischer Angebote in der digitalen Welt eine wesentliche Grundlage entzogen. Das entspricht sicher nicht den Wünschen der Bürger und Parlamente in ganz Europa“, so die Sprecher von VDZ und BDZV in einer gemeinsamen Erklärung.

In den letzten Tagen habe sich die gesamte europäische Kreativlandschaft für einen besseren Schutz ihrer Arbeit vor kommerzieller Ausbeutung ausgesprochen, so die Sprecher weiter: „Es kann nicht sein, dass die deutliche Stimme der Buchautoren, Filmemacher, Musiker, Journalisten sowie der Unternehmen aus Medien und Kultur, die von rund 100 europäischen Verbänden der Kreativbranche artikuliert wurde, ungehört bleibt.“ Leider seien von den Gegnern einer Anpassung des Urheberrechts an die digitale Welt gerade in den letzten Tagen gezielt Unwahrheiten über die Vorschläge des Rechtsausschusses verbreitet worden. Es sei nun höchste Zeit für einen sachlichen Dialog.

VDZ und BDZV hatten entsprechende Vorwürfe in den vergangenen Tagen in Person an den Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Jarzombek und CSU-Digitalstaatsministerin Dorothee Bär gerichtet, die EU-Abgeordnete der Union aufgefordert hatten, gegen den Rechtsausschuss-Vorschlag der eigenen EVP-Fraktion zu stimmen. Bär und Thomas Jarzombek hatten behauptet, ein Leistungsschutzrecht werde im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD nicht befürwortet.

Dagegen heißt es im Koalitionsvertrag wörtlich: „Im Urheberrecht unterstützen wir nachdrücklich eine zeitnahe Regelung zur Verlegerbeteiligung bei den Verwertungsgesellschaften und stärken die Position der Verleger auf europäischer Ebene durch eine eigene Rechtsposition.“ VDZ und BDZV nannten den Brief von Bär und Jarzombek einen „unverfrorenen Manipulationsversuch“ und einen „Schlag ins Gesicht der freien Presse“.

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